Essen. Im Segerothpark gibt es neben selten knorrigen Charakterbäumen auch verwitterte Grabmäler zu entdecken. Sie erinnern an Bergbau-Unglücke und klangvolle Essener Familiennamen. Ein schöner Park, gerade im Herbst.

Friedhöfe, auch solche, die nicht mehr in Benutzung sind, können gerade im Herbst ziemlich deprimieren. Andererseits gehören sie in den Städten oft zu den schönsten Grünanlagen überhaupt. Das ist auch in Essen so, wo gleich mehrere frühere Begräbnisstätten heute als Stadtparks dienen. Der vielleicht eindrucksvollste und am wenigsten bekannte liegt einen Steinwurf von der Uni entfernt: der Segerothpark.

Segeroth - allein der Name hatte früher in gutbürgerlichen Essener Kreisen einen düsteren Klang. Das Malocherviertel galt als verrufen, und zwar sowohl politisch als auch was die sogenannten guten Sitten betraf. Der Bombenkrieg und die Uni haben das bei den Stadtvätern ungeliebte Quartier dann bis auf einige Reste weggeräumt. Es blieben der Straßenname - und links und rechts der heute vierspurigen Bottroper Straße der große, ehemalige Friedhof, dessen Anfänge immerhin bis ins Jahr 1863 zurückreichen.

Weniger schön: die ziemlich verranzten Teich-Versuche

Genau 150 Jahre ist der Friedhof also dieses Jahr alt, und die Patina des Alters ist durchaus spürbar. Nur an wenigen Stellen in Essen dürften ähnlich viele uralte, dabei wunderschöne Bäume beieinanderstehen. Pappeln, Hainbuchen, Eichen, Bergahorn - wer knorrige, ehrwürdige Charakterbäume mag, kommt im Segerothpark auf seine Kosten, und die Freunde des raschelnden, bunten Laubes derzeit ebenso.

Weniger schön sind die verranzten Teiche, die die Stadt versucht hat anzulegen und die neuerdings mit dem Dachflächenwasser der nahen Siedlung Assmannweg gespeist werden. Der Erfolg ist mäßig, weil das Wasser oft nicht ausreicht. Zudem scheint ein Teich manchen zum Reinschmeißen von Müll zu verführen. „Um die soziale Kontrolle zu erhöhen, haben wir hier öfter Büsche freigeschnitten“, sagt Hans Joachim Augustin vom Grün und Gruga-Betrieb. Dem Park hat das gut getan, auch optisch.

„Es starben als treue Männer auf dem Felde der Arbeit...“

Das ist EssenAber Bäume und frische Luft sind hier nicht alles. Vor allem im stadtauswärts gesehen linken Teil des Segerothparks gibt es eine fast vergessene, morbide Friedhofskultur zu entdecken. Man steht zum Beispiel mit einiger Bewegung vor den zwei Denkmälern, die Bergleuten gewidmet sind, die Anfang der 1920er Jahre bei Grubenunglücken der Zechen Amalie und Victoria Matthias ums Leben kamen. Die auffallende Nachnamen-Gleichheit zeigt: Oft waren es wohl Brüder oder Vater und Sohn, die nah beieinander arbeiteten, als das Schlagwetter zuschlug. „Es starben als treue Männer auf dem Felde der Arbeit...“, heißt es martialisch im Stil der Zeit.

„Bewusst haben wir auch einige Familien-Grabmäler stehen lassen“, sagt Augustin. Tatsächlich findet man alte Essener Namen wie Girardet oder Van Eupen, sofern die Steine nicht völlig überwuchert sind, was dann seinen eigenen Reiz hat. Und auch einen jüdischen Friedhofsteil gibt es - dieser allerdings ist in der Regel verschlossen.

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