Essen. „Ich habe keine Chance, das ist klar“, sagt Thomas Austermann, einfacher Bündnisgrüner aus Essen. Am Samstag will der 48-Jährige in Berlin trotzdem antreten, als Kandidat bei der Wahl für den männlichen Bundesvorsitzenden der Partei - gegen Cem Özdemir. Austermanns Motto: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Das Ergebnis im vergangenen Herbst war ernüchternd. Eigentlich hätte Thomas Austermann, „nicht prominenter imperfekter Basisgrüner“ laut seiner Eigenbeschreibung, jedem seiner Wähler bundesweit mit Handschlag danken können, als er im September 2012 bei der Kür zum Spitzenkandidaten der Partei für die Bundestagswahl antrat - gegen politische Schwergewichte wie Claudia Roth oder Jürgen Trittin.

112 Parteimitglieder votierten bei der Urwahl für den Essener. Etwa 50.000 Stimmen wurden bundesweit abgegeben. Für Austermann kein Grund aufzustecken. Am Samstag will der Essener im Berliner Velodrom erneut kandidieren, diesmal geht es bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen um das Amt des Bundesvorsitzenden.

Sein einziger Gegenkandidat ist Cem Özdemir, ein politisches Schwergewicht. „Ich habe keine Chance“, macht sich Austermann keine Illusionen, „das ist klar.“ Am Freitag soll es in die Hauptstadt gehen, das Hotel in Tegel ist gebucht. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, sagt Austermann, bevor er guten Mutes aufbrechen will.

„Nie wieder Krieg von deutschem Boden“

Austermann kann seinen gelernten Job als examinierter Pfleger nicht mehr ausüben kann. Er lebt von einer Erwerbsminderungsrente und würde gerne in einem Job arbeiten, in dem es idealistisch zugeht, sagt der Essener. Politisch ist der Grüne ein Mann mit einer Mission und mit klaren Prinzipien. Als erklärter Pazifist und Humanist sieht der 48-Jährige sich. Parolen wie „Nie wieder Krieg“ und „Nie wieder Auschwitz“ hat der Grüne auf seine Fahnen geschrieben. Eine Kippa trägt er jetzt, das ist neu seit der Urwahl zum Spitzenkandidaten, er, der Christ, der in der Bewegung Pax Christi engagiert ist. „Aus tiefer Solidarität“, so beschreibt es Austermann selbst, mit so ziemlich allen Benachteiligten dieser Welt, „ein Nachgeborener in Demut“.

Deutschland, sagt Austermann, müsse aus der Geschichte lernen. Nicht nur „Nie wieder Krieg“, sondern auch „Nie wieder Krieg von oder auf deutschem Boden“, meint der Kandidat, für den der Nato-Angriff auf Jugoslawien im März 1999 weiter der größte Sündenfall der jüngeren Geschichte bleibt: „Da wurde die Büchse der Pandora geöffnet.“ Mahnungen wie diese will der Kandidat in Berlin in die Partei tragen: „Mir geht es nicht darum, mich selbst darzustellen, sondern ein Zeichen für die Opfer zu setzen.“

„Ab Montag ist wieder der ganz normale Alltag“

Zur Bundespolitik, zur großen Bühne gibt es für Austermann weiterhin keine wirkliche Alternative, auch wenn er mittlerweile erste kommunalpolitische Anstrengungen unternommen hat, etwa sich für das Bürgerbegehren gegen den Messe-Ausbau eingesetzt hat. „Ich werde mich einbringen“, kündigt Austermann an, aber im Lokalen fehlen ihm die „großen“ Themen. Samstag soll sein großer Auftritt kommen, sagt Austermann, der ein Bild aus dem Tennis bemüht: „Ab Montag ist wieder der ganz normale Alltag, da bin ich dann wieder an der Grundlinie, aber noch spiele ich am Netz.“

0,32 Prozent aller Stimmen

Austermann weiß, dass er sich bei dieser Wahl etwas geschickter anstellen könnte als bei der Urwahl. Da haben ihm einige Parteifreunde auch übel genommen, wenn allzu kritische Töne über Granden wie Joschka Fischer fielen. Austermann will sich am Samstag konzilianter geben. Seine kurze Rede halten, souverän auf Fragen der Delegierten eingehen - und dann die Abstimmung abwarten. Der Kandidat wird kleinlaut, wenn es um Prozente geht. 0,32 Prozent aller Stimmen konnte Austermann bei der Urwahl im vergangenen Herbst auf sich vereinen. Auf etwas mehr hätte der Essener schon gehofft. Sein Ziel für die Wahl am Samstag ist deshalb denkbar bescheiden. Ein persönlicher Erfolg wären drei Unterstützer, sagt der Kandidat. Austermann könnte dann nach der Wahl direkt Hände zum Dank schütteln. Wenn kein Wunder geschieht, dürften es auch nicht allzu viele werden.