Berlin. . Die Grünen haben sich nach einer zweiten Sondierungsrunde mit der Union gegen eine Regierungsbildung mit CDU und CSU entschieden - aber deutlich die Tür für künftige schwarz-grüne Bündnisse geöffnet. Die Union hat nun nur noch die SPD als möglichen Koalitionspartner.

Dass es zwischen Schwarz und Grün menschelt, ist unbestreitbar. Hessens CDU-Ministerpräsident duzt sich jetzt mit dem Grünen-Chef. In ­München flirten sie miteinander vor der Rathaus-Wahl im nächsten Frühjahr. Und in Berlin?

Sechs Stunden saßen CDU, CSU und Grüne in der Nacht zum Mittwoch beieinander, um die Möglichkeiten für eine Koalition auf Bundesebene auszuloten. Auch hier waren es freundliche Gespräche, sachlich. Auch hier aber blieb es in der Sache hart.

"Die Tür ist jetzt offen", sagt Cem Özdemir

Anderthalb Stunden lang hatten die Grünen nach den Diskussionen mit der Union beraten, ob sie die Gespräche beenden sollten. "Ich glaube, dass man hinter den Stand, der heute Abend erreicht wurde, auch nicht mehr ohne weiteres zurückfallen kann", sagte Özdemir. "Ich glaube, dass die Tür jetzt offen ist und sie wird auch nicht mehr so ohne weiteres zugehen." Die Frage erneuter Gespräche könnte sich etwa stellen, wenn Koalitionsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD scheitern sollten.

Auch die Generalsekretäre von CDU und CSU lobten demonstrativ die "gute, sachliche" Gesprächsatmosphäre. "Wir können feststellen, dass auch gerade von Grünen ein erheblicher Teil des Weges, der uns trennt, gemacht worden ist", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

Union hätte Möglichkeiten für gemeinsame Regierung gesehen

Zugleich schoben die Unionsvertreter die Verantwortung für das Scheitern der Gespräche aber den Grünen zu. "Es gab aus unserer Sicht keine unüberwindliche Gegensätze", betonte Gröhe. "Wir haben zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich die Grünen außerstande sehen, ihren Gremien die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu empfehlen." Dobrindt fügte hinzu: "Da wäre auch noch eine Möglichkeit gewesen, daraus auch eine gemeinsame Position zu entwickeln."

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Die Grünen Verhandlungsführer betonten indes die inhaltlichen Differenzen und sagten später weitere Gespräche ab. Es habe zwar große Offenheit gegeben - aber keine tragfähige Grundlage für vier Jahre Regierungszusammenarbeit, sagte die scheidende Parteichefin Claudia Roth.

Mindestlohn als Knackpunkt

Dabei hatte die Runde schon mit den weicheren Themen begonnen. Mit der doppelten Staatsbürgerschaft, mit der Ausweitung einer Lkw-Maut, mit dem Ja oder Nein zum Erdgas-Fracking. Die Union gab Signale, in einigen Punkten auf die Grünen zugehen zu wollen. Mit dem Fortschritt des regnerischen Abends über der Hauptstadt zeigte sich jedoch zusehends, dass die Kluft zwischen Schwarz und Grün nach wie vor sehr, sehr tief ist.

Beim Mindestlohn. Flächendeckend soll er sein, gesetzlich festgelegt bei 8,50 Euro. Es ist die Forderung, mit der auch die SPD operiert. Die Union scheint noch nicht bereit, hier nachzugeben.

Dazu, das war das vielleicht überlagernde Gefühl bei Christdemokraten und Christsozialen, blieb ein restliches Grundmisstrauen gegenüber der Öko-Partei: Wie belastbar ist diese neue Grünen-Führung mit Katrin Göring-Eckhardt und Toni Hofreiter, die ihnen in der parlamentarischen Gesellschaft im Raum „Berlin“ gegenübersaß? Hat sie schon eine so starke Rückendeckung ihrer Basis, dass ein Bündnis lange vier Jahre durchhalten kann? (mit Material von dpa und rtr)