Essen. Braucht der Rat der Stadt eine Verjüngungsgkur? Den Trend, wonach die Bevölkerung immer älter wird, nimmt die politische Vertretung jedenfalls vorweg. Einige in Ehren ergraute Ratsmitglieder treten bei der Kommunalwahl 2014 allerdings nicht mehr an.
Gäbe es im Rat einen „Alterspräsidenten“, Hanslothar Kranz dürfte diesen Ehrentitel mit Fug und Recht tragen. Das Urgestein aus Werden ist 78 Jahre alt, seit 44 Jahren gehört Kranz dem Rat der Stadt an - so lange wie kein anderer. Würde seine Partei, die CDU, ihn fragen, Hanslothar Kranz träte bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr wieder an. Politik habe ihm immer Spaß gemacht, sagt er.
Andere verdiente und in Ehren ergraute Ratsmitglieder treten zum Ende der Legislaturperiode von der politischen Bühne ab. Essens ehemalige Oberbürgermeisterin Annette Jäger (76) wird den Staffelstab ebenso weitergeben wie der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Manfred Reimer (64). „35 Jahre aktiv in der Politik sind genug.“ Es ist nicht ausgeschlossen, dass weitere langjährige Kommunalpolitiker ihrem Beispiel folgen, weil sie die Zeit für gekommen halten.
Altersdurchschnitt von 58 Jahren
In der Tat, eine Verjüngungskur könnte der Rat wohl gebrauchen. Die Stadtbevölkerung wird immer älter, ihre politische Vertretung nimmt diesen Trend vorweg. 28 Prozent der Ratsmitglieder haben ein Alter erreicht, bei dem sich Berufstätige für gewöhnlich zur Ruhe setzen. Zum Vergleich: Der Anteil Senioren an der erwachsenen Stadtbevölkerung beträgt rund 22 Prozent.
Mit einem Altersdurchschnitt von 58 Jahren ist die CDU-Fraktion die Alterspyramide ganz weit hinauf geklettert. Zwölf der 26 Fraktionsmitglieder sind im Rentenalter. Übertroffen werden die Christdemokraten nur vom Essener Bürgerbündnis (EBB). Die dreiköpfige „Oldie-Truppe“ um den ehemaligen SPD-Kulturdezernenten Udo Bayer (66) bringt es auf einen Altersschnitt von 62,3 Jahren.
Dagegen muten Grüne mit durchschnittlichen 49,6 Jahren und Linke mit 49,2 Jahren an wie politische Jungspunde im besten Alter. Während die SPD-Fraktion mit 54,3 Jahren knapp unter dem Durchschnitt im Rat liegt und die FDP mit 56,4 Jahren knapp darüber. Zur Wahrheit gehört auch, dass Janina Herff (29, Linke) und Andreas Hellmann (24, FDP) den Schnitt ihrer Fraktionen kräftig nach unten drücken.
Beruf und Ehrenamt miteinander verbinden
Aufschlussreich ist der Blick auf die vertretenen Berufe. Im Rat finden sich Straßenbahnfahrer (1), Hausfrauen (1), Künstler (1) und freie Journalisten (1), Lebenskünstler und Berufspolitiker. Augenfällig ist der hohe Anteil jener , die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind oder waren.
Das gilt allen voran für die Berufsgruppe der Lehrer. Elf der 83 Ratsmitglieder üben diesen Beruf aus oder haben ihn ausgeübt. Susanne Asche, kulturpolitische Sprecherin der CDU und Sonderschulrektorin im Ruhestand, erklärt dies mit Arbeitszeiten, die es Lehrern leichter als anderen erlaubten, Beruf und Ehrenamt miteinander zu verbinden. In Zeiten der Ganztagsschule ändere sich aber auch dies.