Essen. Beim fünften Blitzmarathon zeigte sich in Essen vielerorts der erhoffte Lern-Effekt: Die meisten Autofahrer waren vorschriftsmäßig unterwegs. Die gemessenen Spitzengeschwindigkeiten lagen unter denen aus der vorherigen Blitz-Aktion. Polizei und Ordnungsamt werten die Kampagne als Erfolg. Noch am Freitagmorgen machten rund 150 Beamte Jagd auf Temposünder.

Gestern sah es zeitweise fast so aus, als stünde der Verkehr still. Zumindest für einen Tag lang war fast ganz Essen vorschriftsmäßig unterwegs. An jeder Ecke könnte ja die Polizei stehen, dürften sich viele Autofahrer gedacht haben. Noch bis heute morgen machten rund 150 Beamte an 90 Radarstationen Jagd auf Temposünder. Der fünfte Blitzmarathon war angekündigt, die Blitzer-Orte waren bekannt gegeben. Wie zu erwarten, mussten die Beamten trotzdem den einen oder anderen Raser stoppen.

Auf der Bottroper Straße wurde gestern Nachmittag ein Autofahrer mit 81 Stundenkilometern gestoppt. Bei Redaktionsschluss war dies der höchste gemessene Wert. Erlaubt sind dort eigentlich 50 km/h – genau wie auf der Norbertstraße – da blitzte die Polizei einen Autofahrer mit 74 Sachen. Insgesamt wurden gestern jedoch weniger Autos angehalten als bei den vorherigen Blitzaktionen und auch die gemessenen Spitzenwerte lagen unter denen des vergangenen Marathon.

Weniger Verkehrstote

Die Polizei sieht sich deshalb in ihren Bemühungen bestätigt. So gab es im Jahr 2011 in Essen 15 Verkehrstote. 2012 waren es neun und in diesem Jahr bislang drei. „Wir werten das als positive Resonanz aus den vorangegangenen Blitzmarathons,“ erklärte Polizeisprecherin Tanja Hagelüken. Laut NRW-Innenminister Ralf Jäger lässt sich der Erfolg auch statistisch belegen. In Dortmund habe sich zum Beispiel seit November 2011 die durchschnittliche Überschreitungshöhe von 14 km/h auf jetzt 10 km/h verringert. Auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat und der ADAC stehen hinter der Aktion. Das ist eine transparente Sache“, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel.

In ganz Deutschland waren noch bis heute früh knapp 15.000 Polizisten unterwegs. Die Aktion wurde erstmals bundesweit durchgeführt. Rund 8.600 Radarstationen wurden dazu aufgebaut, eine davon an der Heisinger Straße. Mehr als eine halbe Stunde lang haben die Beamten dort gemessen. Erst den Abstand vom Helligkeitssensor zur Fahrbahn, dann die Breite der Fahrbahn und schließlich die Neigung. Das Einseitenmessgerät ESO 3.0 kann zwei Fahrspuren gleichzeitig erfassen, misst bei Bedarf von vorne, von hinten und von der Seite. Von der Straße aus ist es kaum zu erkennen. „Heute kümmern wir uns nur um die rechte Fahrspur,“ betont Polizeihauptkommissar Joachim Pehl. Schließlich gehe es beim Blitzmarathon vor allem um den pädagogischen Effekt. Man wolle die Temposünder an die Seite fahren lassen, direkt mit ihnen sprechen und sie auf die Geschwindigkeit aufmerksam machen.

„Wenn wir dann mal jemanden stoppen, wissen die allermeisten auch ganz genau, dass sie zu schnell waren,“ sagt Pehl. Diskussionen oder Beschwerden erlebt er bei Verkehrskontrollen selten. In den kommenden Tagen wird er sein Büro kaum verlassen können. Die Auswertung der Fotos kostet viel Zeit. Durchschnittlich drei bis vier Minuten braucht Pehl pro Raser.

Polizei glaubt an Erfolg der Aktion

Auf Höhe der Haltestelle Lützenrath wird ein weißer Fiat geblitzt. 44 km/h sind 14 zu viel. Davon wird die Toleranz abgezogen, bleiben immer noch elf km/h und das bedeutet 25 Euro. „Einmal Barvus“, ruft Marianne Grundmann zu ihrem Kollegen. Gemeint ist damit ein kleines Gerät, mit dem das Bußgeld elektronisch überwiesen werden kann. Die Beamten haben sich 300 Meter entfernt an der Haltestelle Lux aufgestellt und winken dort die Autos an den Fahrbahnrand. Nach ein paar Minuten folgt ein silbergrauer Peugeot mit 53 Sachen – 35 Euro. Viel ist nicht los. Später wird das Team den Standort wechseln. „Auf der Bottroper Straße gibt es sicherlich mehr zu tun,“ so Grundmann. Nach Meinung der Polizistin, achten viele Autofahrer verstärkt auf ihre Geschwindigkeit und dies sei schließlich das Ziel der Aktion.

Ein paar Kinder kommen angelaufen und bestaunen den Polizeiwagen. Erst gehen sie drei Schritte vor, dann zwei zurück. „Kommt ruhig her“, sagt Grundmann und setzt einem Mädchen ihre weiße Polizeimütze auf. „Ich bin heute besonders vorsichtig gefahren“, sagt Claire-Müller-Timbusch zu den Beamten, während ihr Kind probeweise im Polizeiwagen Platz nimmt. „Vor der eigenen Haustür ist man ja meistens vorsichtiger, aber heute haben mich auch viele Freunde daran erinnert, besonders aufmerksam zu sein.“