Essen. Geld nahm sie nicht, sie suchte nur Anerkennung: Auch deshalb verurteilte das Essener Landgericht eine 57 Jahre alte Finanzbeamtin aus Borbeck recht milde zu elf Monaten auf Bewährung: Die Frau hatte Steuererklärungen für Bekannte angefertigt, selbst geprüft und dabei Rückzahlungen von bis zu 900 Euro genehmigt. Bei der Urteilsfindung brachte ein psychiatrisches Gutachten den Durchbruch.

Schwer war es nicht. Die Steuererklärungen, die eine Essener Finanzbeamtin für Bekannte angefertigt hatte, prüfte sie selbst und genehmigte so Rückzahlungen von bis zu 900 Euro. Doch Geld nahm sie dafür nicht, suchte nur Anerkennung. Das Landgericht Essen verurteilte sie deshalb recht milde zu elf Monaten Haft mit Bewährung.

Ein psychiatrisches Gutachten hatte den Durchbruch gebracht und die Taten der 57-Jährigen aus Borbeck in ein milderes Licht gestellt. Seit 1995 ist die mittlerweile in den Ruhestand versetzte Beamtin der Finanzämter Essen-Nordost und Essen-Süd an einer schweren Depression erkrankt. Kontaktarm ist sie, berichtete Psychiater Dieter Oswald vor der I. Strafkammer. Ihre Mutter habe vor Jahren Bekannten geraten, sich die Steuer von ihrer Tochter anfertigen zu lassen. Diese ging willig darauf ein. „Sie erhoffte sich davon Anerkennung und soziale Kontakte“, erklärte Oswald.

Blanko unterschrieben

Blanko ließ sie sich die Steuerbögen von zum Schluss 24 Personen unterschreiben. Sie füllte die Bögen selbst aus, frisierte dabei Kilometerangaben, Werbungskosten oder Angaben zum Verpflegungsaufwand zugunsten der Steuerzahler. Meist profitierten diese durch unberechtigte Rückzahlungen von 100 bis 200 Euro. In der Spitze gab es auch mal 900 Euro. Gesamtschaden für den Staat in der Zeit von 2005 bis 2010: rund 35.000 Euro.

Vor einem Jahr saß sie schon einmal auf der Anklagebank. Doch damals setzte das Gericht das Verfahren aus, weil Psychiater Oswald die Angeklagte als verhandlungsunfähig bezeichnet hatte. Von akuter Suizidgefahr sprach er damals. Mittlerweile ließ sie sich therapeutisch behandeln, ist auf dem Weg der Besserung.

Nachdem die Prozessbeteiligten sich vorab auf die Bewährungsstrafe geeinigt hatten, legte sie am Dienstag ein volles Geständnis ab. Oswald bescheinigte ihr erheblich verminderte Schuldfähigkeit. In einem tränenreichen letzten Wort, das die Angeklagte vorgeschrieben hatte, bat sie um eine milde Strafe: „Ich bereue zutiefst. Ich werde mir das selbst nie verzeihen.“ Durch die niedrige Strafe besteht für sie die Möglichkeit, dass sie nicht aus dem Beamtenstand entfernt wird und ihre Pensionsansprüche behält.