Essen. . Bundestagskandidatin Peter Hermann stellte sich im Hugo-Kükelhaus-Berufskolleg den Fragen der Schüler. Viele sind angehende Bäckereifachverkäuferinnen und Friseurinnen und wünschen einen Mindestlohn. Doch den lehnt die FDP-Politikerin ab. Darum hatte sie 163 Stimmen gegen und nur sieben für sich.

Nicht über andere meckern, sondern sich selber engagieren - nach dieser Maxime lebt Petra Hermann: privat, beruflich und politisch. Jetzt, im Wahlkampf-Endspurt ist die FDP-Bundestagskandidatin im Wahlkreis 120 (Essen II) von morgens bis abends unterwegs - an sieben Tagen in der Woche. Nicht meckern, sondern handeln - darin mündet auch ihr leidenschaftlicher Appell an die gut 200 Schüler des Hugo-Kükelhaus-Berufskollegs - darunter lauter Erstwähler.

Diese müssen heute morgen wie bei „Zimmer frei“ die kniffelige Frage beantworten, ob Petra Hermann in die „Hugo-WG“ einziehen darf. Nach 90 zum Teil sehr turbulenten Minuten steht fest: Sie darf nicht. 163 haben auf dem Stimmzettel „Nein“ angekreuzt, nur 7 „Ja“. Eine Klatsche. Zum Vergleich: Janina Herff, die junge Kandidatin der Linkspartei hatte am Tag zuvor 151 Ja’s abgeräumt.

Hermann ist gegen Mindestlohn

Dass Petra Hermann nicht ankommt, liegt weniger daran, dass sie den Skandal-Rapper Bushido nicht kennt oder darauf besteht, gesiezt werden zu wollen. Es liegt an ihrem Nein zum gesetzlichen Mindestlohn. „Ich habe für 5,60 Euro in der Stunde Möbel geschleppt“, empört sich stellvertretend Amy Doering und ätzt: „Ich weiß, dass ich Sie nicht wählen werde.“ Da brandet stürmischer Beifall auf, die Aula kocht und schlagartig wird deutlich, dass für die liberale Kandidatin hier kein Zimmer frei sein wird. Denn so wie Amy denken viele ihrer Mitschülerinnen im Kükelhaus-Berufskolleg, darunter angehende Bäckereifachverkäuferinnen, Floristinnen und Friseurinnen. Lauter Branchen, in denen die Löhne oft skandalös niedrig und die Zukunftsängste groß sind.

Auch interessant

Je ablehnender, ja feindlicher die Stimmung, die ihr entgegenschlägt, desto mehr röten sich die Wangen der Kandidatin. Doch einknicken oder sich gar entmutigen zu lassen, das ist ihre Sache nicht. Auch nicht, temperamentvoll aus der Haut zu fahren. Petra Hermann bewahrt die Contenance - und steht fest zu ihren liberalen Prinzipien. „Ich bin selbstständige Unternehmensberaterin“, erzählt die 53-Jährige in der Vorstellungsrunde, „ich arbeite 60 Stunden in der Woche und gönne mir nur zwei Wochen Urlaub im Jahr.“ Deshalb trete sie dafür ein, dass Leistung belohnt werde. Leidenschaftlich wendet sie sich gegen höhere Steuern und „ungerechte Gleichmacherei“. Lange sei sie alleinerziehende Mutter gewesen, fügt sie hinzu. Daher kämpfe sie für die Vereinbarkeit von Job und Familie.

Gegen NSA-Überwachung

Einen überraschenden Pluspunkt macht sie dann doch noch, als sie, ganz und gar Freidemokratin, gegen die „totale Überwachung“, den NSA-Skandal und die staatliche Bevormundung des Einzelnen wettert. „Jeder soll sich so frei wie möglich bewegen können“, sagt sie. Als sie, obwohl Nichtraucherin, auch noch scharf das Rauchverbot in Kneipen und Diskos tadelt, kommt sogar Beifall auf. Vor Schülern eines Wirtschaftsgymnasiums hätte Petra Hermann mit denselben liberalen Thesen wahrscheinlich ein bequemes Heimspiel gehabt.

Obwohl ohne jede Aussicht auf ein Mandat in Berlin kämpft Petra Hermann bis Sonntag weiter. Erst recht um kostbare Zweitstimmen. „Letztes Mal hatten wir in meinem Wahlkreis 14 Prozent“, lächelt sie.

Essener Bundestagskandidaten

Arno Klare kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die SPD.
Arno Klare kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die SPD. © Oliver Müller
Astrid Timmermann-Fechter kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die CDU.
Astrid Timmermann-Fechter kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die CDU. © R. Kruse
Tim Giesbert kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die Grünen.
Tim Giesbert kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die Grünen. © Oliver Müller
Sylvia von Häfen kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die Linke.
Sylvia von Häfen kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die Linke. © WAZ FotoPool
Susanne Rittershausen kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die FDP.
Susanne Rittershausen kandidiert im Wahlkreis 118 (Mülheim/Essen I) für die FDP. © WAZ FotoPool
Dirk Heidenblut kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die SPD.
Dirk Heidenblut kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die SPD. © Remo Bodo Tietz; NRZ
Jutta Eckenbach kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die CDU.
Jutta Eckenbach kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die CDU. © WAZ
Elke Zeeb kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für Bündnis 90/Die Grünen.
Elke Zeeb kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für Bündnis 90/Die Grünen.
Günther van Wasen kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die FDP.
Günther van Wasen kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die FDP.
Janina Herff kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die Linke.
Janina Herff kandidiert im Wahlkreis 119 (Essen II) für die Linke.
Petra Hinz kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die SPD.
Petra Hinz kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die SPD. © WAZ
Matthias Hauer kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die CDU.
Matthias Hauer kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die CDU. © WAZ FotoPool
Kai Gehring kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für Bündnis 90/Die Grünen.
Kai Gehring kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für Bündnis 90/Die Grünen. © WAZ FotoPool
Petra Herrmann kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die FDP.
Petra Herrmann kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die FDP. © Oliver Müller
Cornelia Swillus Knöchel kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die Linke.
Cornelia Swillus Knöchel kandidiert im Wahlkreis 120 (Essen III) für die Linke. © WAZ
1/15