Essen. Der Start in die alljährliche „Fäll-Saison“ rückt näher. Ab dem ersten Oktober will die Stadt 5000 Kubikmeter Holz schlagen lassen. Es müsste sogar mehr sein, heißt es beim städtischen Eigenbetrieb Grün & Gruga, der wieder mit Protesten rechnet.
Die Zeit der Säge rückt näher: Am 1. Oktober beginnt der städtische Eigenbetrieb Grün & Gruga mit dem alljährlichen Holzeinschlag. Erfahrungsgemäß reagieren Bürger häufig alarmiert, wenn es Bäumen an die Rinde geht. Jüngst sahen sich die Förster gar dem Vorwurf ausgesetzt, sie verstoßen gegen das Naturschutzgesetz. Gegen einen Mitarbeiter von Grün & Gruga ist deshalb eine Strafanzeige anhängig.
„Umweltaktivismus“ nennt dies Volker Dubbel, Professor an der Fakultät Ressourcenmanagement der Fachhochschule Göttingen, und von Grün & Gruga hinzugezogener Experte in Sachen Waldwirtschaft. Jede Baumfällung werde mit Waldzerstörung gleich gesetzt, so Dubbel. Das Gegenteil sei der Fall.
Massice Bürgerproteste in den 80ern
Keine Frage, der städtische Eigenbetrieb sieht sich durch Proteste aus der Bürgerschaft in die Defensive gedrängt - und tritt die Flucht nach vorn an.
Ja, es wird gefällt, rund 5000 Kubikmeter Holz dürften es in dieser „Saison“ wieder sein, so viel wie in den vergangenen drei Jahren, was laut Grün & Gruga streng genommen nicht genug sei. 8000 Kubikmeter müssten eigentlich geschlagen werden, so Roland Heering, Leiter des Forstbetriebes. Denn jedes Jahr wachsen in Essens Wälder 10.000 Kubikmeter nach.
Zur Erinnerung: In den 1980er Jahren verordnete die Stadt einen „Fällstopp“; dem vorangegangen waren massive Bürgerproteste ausgelöst durch Kahlschläge in bis zu 140 Jahre alten Buchenbeständen. Die Folgen des „Fällstopps“ zeigten sich Jahre später: Ganze Bestände überalterten oder brachen, wie oberhalb des Baldeneysees zu beobachten war, in sich zusammen.
Bäume konkurrieren um Licht und Lebensraum
Soweit sollte es nicht mehr kommen. Da die Stadt auch „Kahlschläge“ als Mittel der Waldwirtschaft ausschließt, lautet das Ziel ein „Erholungsdauerwald“. Ein Wald, artenreich und mit einer gesunden Altersmischung, den Bürger zur Naherholung intensiv nutzen. Davon ausgenommen sind jene 131 Hektar - das sind rund neun Prozent des Bestandes -, auf denen der Wald sich selbst überlassen bleibt, damit die Förster studieren können, wie sich diese „Altholzinseln“ entwickeln.
Der „Erholungsdauerwald“ hingegen setzt voraus, dass immer wieder Bäume geschlagen werden, betont Volker Dubbel. Und wie passt das mit dem Naturschutz zusammen? Dubbel verweist auf die Naturschutzverordnung NRW, die zum Erhalt des Eichen- und Buchenwaldes verpflichte. Beide Arten konkurrieren um Licht und Lebensraum. Die Buche würde sich am Ende durchsetzen und die Eiche verdrängen. Das aber sei nicht das Ziel.