Essen. . Vor einigen Jahren noch konnte man sich in den weitläufigen Scheidt’schen Hallen am Kettwiger Stauseeufer verlaufen. Nun ist ein Großteil der Hallen gefallen, er weicht hochwertiger Wohnbebauung, für die es in der exponierten Lage viele Interessenten gibt. Ein Teil der Hallen jedoch bleibt erhalten und wird zum Kreativ-Quartier hinter denkmalgeschützter Fassade.
In einigen Jahren sollen betuchte Mieter und Wohnungsbesitzer hier auf kreative Köpfe treffen – aber noch ist das ehemalige Gelände der Scheidt’schen Kammgarnspinnerei in Kettwig mehr Baustelle und Sanierungsfall, denn ein Schmuck-Stück, das den klangvollen Namen Seepromenade verdient. Doch immerhin: Über das Stadium der Absichtserklärungen ist man auf dem Areal, an dessen Entwicklung seit 2003 plant, hinaus. Es werden Tatsachen geschaffen.
Vor einigen Jahren noch konnte man sich in den 37.000 Quadratmeter messenden um 1974 stillgelegten Fabrikhallen verlaufen. Heute steht davon noch der geringste Teil. „26.000 Quadratmeter haben wir an den Investor Kondor Wessels verkauft, der Eigentums- und Mietwohnungen mit Seeblick baut“, sagt Heinz Schnetger, Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft Kettwig, die den Rest des Areals, 11.000 Quadratmeter, als Rechtsnachfolgerin der Scheidt’schen Tuchfabrik vermarktet.
Neubauten auf historischem Grund
Rund 50 Millionen Euro investiert der Grundstücksentwickler Kondor Wessels derzeit in den Bau der Kettwiger Seepromenade. Im ersten Bauabschnitt entstehen in einem Querriegel an der Ringstraße 44 Mietwohnungen sowie 73 Eigentumswohnungen mit Grundrissen von 60 bis 210 Quadratmetern. Im Mittel werden 3300 Euro pro Quadratmeter verlangt, die teuersten Einheiten - Penthouse-Wohnungen direkt am Ruhrufer - werden für bis zu 5000 Euro pro Quadratmeter gehandelt.
Bis 2016 soll auch der zweite Bauabschnitt abgeschlossen sein. Dann wird es auf dem 26 000 Quadratmeter großen Areal der ehemaligen Scheidt’schen Tuchfabrik 160 Wohnungen geben.
Die Nachfrage nach hochpreisigen Objekten in Toplagen ist in Essen ungebrochen – die im Bau befindlichen Wohnungen, die bereits in die Vermarktung gingen, sind fast gänzlich verkauft.
„Ein Teil der Häuser steht unter Denkmalschutz“
Aber während sich die Kranausleger über den zügig wachsenden Neubauten drehen wird der Altbestand mit Bedacht saniert. Und das nicht ohne Grund: „Ein Teil der Häuser steht unter Denkmalschutz“, sagt Schnetger. Bauten aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts allesamt, die teils als repräsentative Zeugnisse ihrer Zeit gelten.
So auch die Alte Direktion. Mit einer Fläche von 1065 Quadratmetern wollte die Grundstücksgesellschaft daraus ein Bürohaus mit vier bis fünf Einheiten schaffen. Doch man fand einen Interessenten aus der Kreativwirtschaft, der Gefallen fand am Gedanken vom Firmensitz unter Stuckdecken, mit geschwungenem Treppenaufgang und freigelegten Stahlstützen.
Doch ist dies nur ein Gebäude – weitere 10.000 Quadratmeter gilt es im Quartier, das nun Zug um Zug saniert wird, zu vermarkten. Und dafür werden Mieter mit Vorstellungskraft gesucht, die für ungewöhnliche Unterbringungen zu haben sind. Etwa im Kesselhaus. 220 Quadratmeter Fläche mit Deckenhöhen von gut sieben Metern. Allzu viele Freiheiten gibt es in der Gestaltung nicht – Denkmalschutz. Außerdem sollen Kessel und offene Rohrleitungen erhalten bleiben. „Denkbar wäre aber, eine Galerieebene einzuziehen“, sagt Schnetger.
Gastspiele auf dem Wollboden
Haus für Haus sollen die Scheidt’schen Hallen saniert werden bis schließlich Alt- und Neubauten zusammen wachsen zu einem stimmigen Gesamtkomplex. Ein weiter Weg. Kleine Büros, Ateliers, die einfacher zu sanieren sind, hat die Grundstücksgesellschaft schon an den Interessenten gebracht.
Webdesign und Veranstaltungs-Management, Maler und Musiker, so unterschiedlich die Berufe auch sind. Das Konzept, das nur Kreative zulässt, kann dazu beitragen, dass sie sich gegenseitig befruchten. Bis aber der letzte Raum saniert und letztlich vermietet ist, wird es auch Gastspiele geben. Ausstellungen etwa auf dem alten Wollboden, der irgendwann zur Loftetage wird.