Essen. . Die Stadt Essen prüft, Asylbewerber in der ehemaligen Walter-Pleitgen-Schule unterzubringen. Anlieger aus Frintrop wollen sich wehren und protestieren heftig. Im Haus Wienert gab es hitzige Debatten und auch wilde Gerüchte.
„Warum sind Sie eigentlich Politiker, wenn Sie von dem, was hier passiert, nichts wissen?“ Diese emotionsgeladene Frage ruft ein Teilnehmer der Bürgerversammlung zum Thema „Neues Wohnheim für Asylbewerber in Unterfrintrop“ den anwesenden Politikern entgegen. Zuvor haben Jutta Eckenbach, CDU-Ratsfrau, und Bezirksbürgermeister Helmut Kehlbreier (SPD) mehrmals versichert: „Es gibt keinen Ratsbeschluss, dass Asylbewerber in der früheren Walter-Pleitgen-Schule untergebracht werden sollen.“ Tatsächlich prüft die Verwaltung derzeit 17 Standorte im Stadtgebiet, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Trotzdem glauben die Frintroper: „Die veräppeln uns hier alle.“
Rainer Wittmann hat mit einigen Nachbarn das Treffen organisiert, um sich mit Nachbarn über die „Gerüchte im Stadtteil“ auszutauschen. Dafür haben sie Handzettel in den Straßen verteilt. Schnell ist der kleine Saal der Gaststätte „Wienert“ am Höhenweg überfüllt. Viele müssen auf dem Gehweg warten, hören nur Bruchstücke der hitzigen Diskussion von Überbringern aus dem Innenraum.
Drinnen wie draußen werden eben jene Gerüchte ausgetauscht und Ängste artikuliert: „Wir wollen uns die gute Nachbarschaft in Unterfrintrop nicht kaputt machen lassen“, sagt eine Frau. „Erst haben sie die Herz-Jesu-Kirche abgerissen und Familien angelockt – und jetzt machen sie Kindergärten und Schulen dicht, um Asylanten hier unterzubringen“, ärgert sich eine andere. „Das läuft mit uns nicht“, sagt ein Mann, der mit einer Unterschriftenliste unterwegs ist.
Möglichst bald eine neue Bürgerversammlung
In diesem Klima hat FDP-Ratsherr Hans Peter Schöneweiß einen schweren Stand: Mit Sachargumenten und dem Verweis auf die in Not geratenen Menschen verschiedener Kulturen ist gegen die Vorurteile kaum anzukommen. „Südosteuropäer gehen ja noch, aber Taliban wollen wir in Frintrop nicht haben“, heißt es da etwa. Oder: „Am Schemmannsfeld war früher die Mau-Mau. Da können sie die Leute unterbringen“, schimpft eine Frau. Zwei andere mit deutlich hörbarem slawischen Akzent meinen: „Es sind schon genug Ausländer hier.“
Rathaus-Info fehlte
„Dass die Walter-Pleitgen-Schule als möglicher Standort für eine Asylbewerberunterkunft auf der städtischen Prüfliste steht – davon sind nicht nur die Anlieger, sondern auch wir überrascht worden“, erklärten Jutta Eckenbach und Helmut Kehlbreier am Rande der Bürgerversammlung. „Aus dem Rathaus hatten wir keine Information“, stimmten die Ortspolitiker überein. Dass jedoch der zuständige Sozialdezernent Peter Renzel „nicht da ist, wenn so eine Sache läuft“, kam auch bei seinen Christdemokraten schlecht an. Erst am Montag ist er aus dem Urlaub zurück.
Sollte sich die Verwaltung, wie viele Frintroper bereits heute vermuten, für die Walter-Pleitgen-Schule entscheiden, wollen die Versammlungsteilnehmer ihren Widerstand verstärken. „Bald sind ja Bundestagswahlen. Wir werden dann ja rechtzeitig wissen, wo wir unser Kreuzchen auf dem Zettel machen müssen“, sagte ein Anlieger im Saal. So einfach kämen Politiker und Stadt „aus der Nummer nicht ‘raus“.
Vor den Türen der Häuser in der Straße Im Neerfeld diskutieren die Nachbarn der Schule weiterhin heftig. „Dass noch geprüft wird, glaube ich nicht. Das ist doch längst beschlossen“, sagte einer, der aus seinem Fenster „auf den Pausenhof blicken“ kann. „Was glaubt ihr wohl, wenn da bald 200 Leute wohnen. Da könnt auch ihr nicht mehr ruhig schlafen.“
Ergebnisse bringt das Treffen der aufgebrachten Menge naturgemäß keine. Aber es soll – möglichst bald – eine neue Bürgerversammlung in einem größeren Raum geben, „bei der alle Fakten auf den Tisch müssen“. Die Stadtverwaltung sagt dazu am Freitag, man werde zu einer solchen Versammlung einladen, wenn einer der 17 Standorte ausgewählt sein wird.
In Frintrop glaubt freilich niemand, dass die Entscheidung noch offen ist: „Der Umbau in der Schule hat doch schon begonnen“, heißt es. Das bestreitet die Stadt – doch das Vertrauen der Unterfrintroper zur Verwaltung ist jetzt arg gestört. Und von den Ortspolitikern hatten sie sich mehr Antworten erhofft.