Essen. Sachleistungen statt Geld: Der Sozialausschuss in Essen vertagt die Abstimmung zum neuem Asylbewerber-Konzept. Nun befürchtet die Stadt, dass die Zahl der Flüchtlinge in den kommenden Monaten weiter steigt und die Unterkünfte nicht ausreichen.

Asylbewerber bekommen in Essen zunächst weiterhin Geld statt Sachleistungen. Eine Mehrheit im Sozialausschuss des Stadtrates verschob gestern auf Antrag der SPD eine entsprechende Abstimmung auf September. Damit konnte sich Sozialdezernent Peter Renzel (CDU) vorerst nicht mit seinem neuen Flüchtlingskonzept durchsetzen. Nun wächst die Sorge, dass wegen der fehlenden Abschreckung die Zahl der Flüchtlinge vor allem aus Serbien und Mazedonien weiter steigen wird und die Aufnahmestellen nicht mehr ausreichen.

Die Stadt will eine Kehrtwende bei der Asylpolitik erreichen. Asylbewerber sollen grundsätzlich in den ersten drei Monaten nicht länger Geld erhalten, sondern Sachleistungen plus Taschengeld. Die Zeitspanne soll auf sechs Monate steigen, wenn die Betroffenen nicht zum ersten Mal hier Asyl beantragen. Damit zielt das Konzept auf Roma-Familien ab, die in der Regel so genannte Folgeantragsteller sind. Ihre Chancen, als Asylbewerber anerkannt zu werden, seien ohnehin gleich Null, argumentiert die Stadt.

Die SPD sieht noch Klärungsbedarf

Der SPD ging Renzels Vorstoß jedoch zu schnell. Sie sieht noch Klärungsbedarf, zumal sich in den vergangenen Tagen mehrere Bedenkenträger öffentlich geäußert haben. „Insbesondere die Umstellung von Bar- auf Sachleistung ist für die SPD ein mehr als problematischer Aspekt“, so Karla Brennecke-Roos, Vorsitzende des Sozialausschusses. Man müsse am Flüchtlingskonzept arbeiten, aber nichts überstürzen. Die Linken fordern, das Thema dem Rat vorzulegen. „Ein Ausschuss kann sich nicht über einen Ratsbeschluss hinwegsetzen“, so Linken-Ratsfrau Gabriele Giesecke. Am Ende gehe es den Linken darum, das Konzept zu kippen.

Dass es dazu kommen wird, glaubt CDU-Ratsfrau Jutta Eckenbach nicht: „Das Konzept ist nicht inhuman, es sieht selbstverständlich eine gute Grundversorgung vor.“ Eckenbach verweist auf gute Erfahrungen in Städten wie Bremen und auf die Argumentationshilfe von Rudi Löffelsend, dem früheren Auslandsexperten der Caritas. Der SPD wirft die CDU-Politikerin vor, ein klares Nein im Ausschuss gescheut zu haben: „Durch diese Taktierei können wir erst im September entscheiden.“

Der Stadt bliebe kaum Zeit zur Vorbereitung

Sollte Renzels Konzept dann eine Mehrheit erhalten, bleibe der Stadt kaum Zeit, die neue Art der Versorgung vorzubereiten. „Das neue Konzept würde zum sozialen Frieden in der Stadt beitragen“, sagt Eckenbach. Nun aber sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Asylbewerber aus Mazedonien und Serbien weiter steige. „Das heißt, wir brauchen neue Unterkünfte, was wieder zu Unruhe und zu Diskussionen führen wird.“