Essen. . 93,5 Tonnen wiegt die Brücke über dem Niederfeldsee in Altendorf, die nun eingehoben wurde. Sie verbindet die Rheinische Bahntrasse von West nach Ost. Hunderte schauten den Arbeiten am Bauzaun zu.

Ursula Buscher hat Klappstühle dabei, einen Beistelltisch und ein paar Leckereien. Mit ihrem Mann möchte sich die 72-Jährige das Spektakel am Niederfeldsee nicht entgehen lassen, wird doch die Fußgänger- und Radfahrerbrücke eingehoben. „Wir fahren viel mit dem Rad an schöne Orte, auch über die Rheinische Bahntrasse“, sagt Buscher. Und der Niederfeldsee sei eben ein „schöner Ort“, selbst wenn er noch nicht fertig ist. „Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie es hier vorher aussah, mit den Schrebergärten. Das war schön, aber nicht so aufgeräumt wie heute“, sagt die Gerschederin. Über den Tag verteilt machen es ihr mehrere Hundert Menschen gleich und schauen sich das Spektakel auf der Baustelle an. Sie und ih­ren Mann fasziniert besonders, dass die Brücke nicht Schlag auf Schlag eingehoben wird, „sondern alles Millimeterarbeit ist. Alle Achtung!“

Dieses Lob nimmt Wolfgang Hensen gerne entgegen. Der Bauingeni­eur überwacht als Bauleiter das Vorhaben: Das Mittelteil mit 17,5 Tonnen und die zwei Brückenteile mit je 35 Tonnen müssen eingehoben werden. „Dazu kommen zwei Balkone mit je drei Sitzpilzen. Jeder Balkon wiegt drei Tonnen“, so Hensen. Hergestellt wurde die Brücke übrigens in der Eiffel. Herausforderung beim Projekt sei, dass der Kran – er hebt die Brücke über den See – nur mit ei­- ner relativ geringen Hubhöhe arbeiten könne. „Grund ist eine Stromleitung über dem See.“ Bis alles fertig ist, stünden etliche Schweißarbeiten an, zudem müsse Korrosionsschutz auf den Stahl. „Für Fußgänger und Radler wird die Brücke im September freigegeben“, so Hensen. Hagen Everding, der unweit des Niederfeldsees in der Amixstraße wohnt, freut sich schon sehr darauf: „Das Bauprojekt wertet Altendorf klar auf. Dass deshalb bald die Mieten steigen würden, denke ich aber nicht.“ Seine Frau fahre oft mit dem Rad über die Rheinische Bahntrasse am See vorbei. „Da, wo er endet, habe ich als kleiner Junge immer Fußball gespielt“, erinnert sich der Anwohner. Er wünscht sich, dass sich in Seenähe eine Gastronomie ansiedelt, „ein Willy-Göken-Ersatz, dann wär’ der See wirklich perfekt.“

Ursula Buscher (r.) und ihr Mann (l.).
Ursula Buscher (r.) und ihr Mann (l.). © WAZ FotoPool

"Vom Design her finde ich sie sehr ansprechend"

Einer, der das Geschehen auf dem Wasser ebenfalls in aller Ruhe vom Bauzaun aus verfolgt, ist Jörg Brinkmann. Dem Vorsitzenden des Essener Ablegers des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs liegt die Rheinische Bahntrasse am Herzen – und somit die neue Brücke. „Vom Design her finde ich sie sehr ansprechend. Doch ob sie auf Dauer gesehen die notwendige Breite aufweisen wird, wage ich zu bezweifeln“, sagt Brinkmann. Schließlich würde der Niederfeldsee wohl zu einem beliebten Ausflugsort werden. „Ich kenne die Problematik von der Eisenbahnbrücke in Kupferdreh, denn dort ist es zu manchen Zeiten ziemlich voll“, weiß Brinkmann. Das spreche natürlich für die Brücke, sie ziehe viele

Der Niederfeldsee im Überblick.
Der Niederfeldsee im Überblick. © WNM

Menschen an. „Doch wenn viele auf ihr verweilen und die Radfahrer von beiden Seiten rüber wollen, kann es schnell unruhig werden.“ Das solle die Stadt bedenken, denn „in einigen Jahren soll hier der Radschnellweg vorbei führen. Dann ist sie eindeutig zu schmal.“ Eine zweite Brücke müsse her, „doch die wird sicher ebenfalls klasse.“ Brinkmann freut sich schon auf den ersten Praxistest: „Denn mein Weg von Borbeck in die Innenstadt führt hier her, ja über die Brücke, das ist meine Strecke.“

Ist sie fertig, wird auch der Hilfsdamm für die Bauarbeiten abgetragen und der See weiter aufgefüllt. „Gut 35.000 Kubikmeter Wasser sind drin, 50.000 kommen rein“, betont Projektleiter Hermann-Josef Steins. Im Mai 2014 soll der See feierlich eröffnet werden. Dann wohnen die ersten Mieter lange in die neuen Allbau-Wohnungen mit Seeblick. Steins: „Die ersten ziehen bereits Anfang Oktober ein.“

Rheinische Bahntrasse

Vom Regionalverband Ruhr umgebaut, verläuft die ehemalige Güterbahntrasse der Rheinischen Bahn vom Univiertel in der nördlichen Innenstadt bis zur Stadtgrenze nach Mülheim als Rad- und Gehweg. Mittel- bis langfristig soll die Rheinische Bahntrasse als Radwanderweg über Mülheim-Heißen bis zum Uni-Campus in Du­isburg und an den Rhein sowie nach Osten bis zum Mechtenberg fortgeführt werden. Infos zur Trasse gibt’s im Internet auf: www.neuewegezumwasser.de