Essen. . Viele Essener arbeiten als „Bufdis“ in sozialen Einrichtungen. Friederike Bock und Frederic Weiß berichten über ihre Erfahrungen und erzählen, was ihrer Meinung nach für den Freiwilligendienst spricht und warum sie sich dafür entschieden haben. Noch immer gibt es viele freie Stellen in der Region. Die Wohlfahrtsverbände hoffen daher auf zahlreiche Bewerber.

Friederike Bock wusste lange Zeit nicht, was sie nach der Schule machen sollte. „Grundschullehramt habe ich erst gedacht und die Idee dann doch wieder verworfen“, erzählt die 20-Jährige aus Katernberg. Vielen jungen Erwachsenen in Essen geht es ähnlich und genau wie viele Gleichaltrige hat sich Bock für den Bundesfreiwilligendienst entschieden – um nachzudenken, um sich selbst auszuprobieren und um Wartezeit für den erhofften Studienplatz zu sammeln.

Durch ihre Arbeit im Franz Sales Haus weiß die junge Essenerin inzwischen was sie will: Sonderpädagogik studieren. Im Moment wartet sie auf einen Zulassungsbescheid.

Noch zahlreiche freie Stellen

Der Bundesfreiwilligendienst geht bald in sein drittes Jahr. Wohlfahrtsverbände, aber etwa auch die Stadt Essen bieten Stellen in sozialen, kulturellen, ökologischen oder sportlichen Einrichtungen an. Im Gegensatz zum Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) sind die „Bufdis“ nicht an ein bestimmtes Alter gebunden. Viele der Arbeitsplätze zählen zu den klassischen Einsatzgebieten, in denen über Jahrzehnte vor allem Zivildienstleistende tätig waren: Krankenhäuser, Seniorenheime, Rettungsdienst, Jugendarbeit, oder wie im Fall von Friederike Bock, die Arbeit mit behinderten Menschen.

„Anfangs kam der Freiwilligendienst nicht richtig in die Gänge,“ berichtet Bernhard Munzel, Sprecher des Diakoniewerk Essen und ergänzt: „Aber zeitverzögert gab es einen unheimlichen Ansturm – wir waren völlig ausgebucht.“ Aktuell sind wieder Plätze frei, vor allem im Bereich der Altenpflege – auch bei anderen Verbänden, bei Grün und Gruga oder der Feuerwehr. „Viele Jugendliche haben sich parallel für mehrere Dienststellen beworben oder letztendlich doch noch die Zusage für einen Studienplatz erhalten. Für Kurzentschlossene sind die Aussichten daher gut“, sagt Birgitta Kelbch vom Caritasverband für das Bistum Essen.

Bufdis nutzen die Zeit bis zum Semesterstart

Fast schon ungewöhnlich ist da das Arbeitsumfeld von Frederic Weiß. Der 21-jährige Essener leistet seinen Dienst in der Möbelbörse der Diakonie. „Eigentlich bin ich nicht besonders sportlich, aber ich packe gerne mit an“, so Weiß, der ab Oktober Medieninformatik studieren wird. Auch für ihn ist der Bundesfreiwilligendienst ein Baustein, um die Zeit bis zum Semesterstart sinnvoll zu nutzen. Weiß: „Ich habe meine Bewerbung keinen Tag lang bereut. Durch meine Arbeit habe ich Einblicke in einen ganz anderen Bereich und bin mit interessanten Leuten zusammen.“

In der Möbelbörse werden gebrauchte Gegenstände für geringes Geld verkauft, darunter auch ein Schallplattenspieler, den sich Weiß für fünf Euro selbst gegönnt hat. Seine Kollegen sind in der Regel Langzeitarbeitslose oder Personen, die Sozialstunden ableisten. Sechs Monate dauert sein Dienst – in der Regel ist ein Jahr vorgesehen – maximal sind 18 Monate möglich. „Einmal haben wir ein Bett an zwei Studenten geliefert – wir haben aber auch schon mal mit allen Angestellten vor unserem Lager gegrillt,“ erzählt der junge Mann aus Burgaltendorf. Meistens fährt Weiß einen Lieferwagen – zwei Kollegen begleiten ihn dann zu seinem Einsatzort. Während der vergangenen Monate hat er Kleidercontainer gestrichen, Kleider sortiert und immer wieder Möbel transportiert.

Fünf Seminarwochen

„Ein Teil des Bundesfreiwilligendiensts besteht aus Seminarwochen, abhängig von der Dauer der Dienstzeit“, berichtet Birgitta Kelbch. Meistens sind es fünf Wochen, in denen die „Bufdis“ auf ihre Einsatzstelle vorbereitet werden sollen. „In den Seminaren werden auch persönliche Kompetenzen vermittelt – Selbstreflexion ist ebenso ein Thema wie die politische Bildung“, so Kelbch, die bei der Caritas den pädagogischen Bereich verantwortet. Wer Bundesfreiwilligendienst leistet, erhält ein monatliches Taschengeld in Höhe von 350 Euro. Dazu kommen häufig Sonderleistungen, wie kostenloses Mittagessen, ein Monatsticket für Bus und Bahn und Kleidergeld – auch das Kindergeld wird weitergezahlt.

Deutlich wertvoller sind die gesammelten Erfahrungen: Friedericke Bock hatte vor ihrem Dienst kaum Berührung mit behinderten Menschen – jetzt möchte sie sich weiterqualifizieren und in dem Bereich arbeiten. „Ganz konkret habe ich Jugendliche im Schulalltag betreut und die Lehrer unterstützt. Gerade in solchen Bereichen finde ich es wichtig, dass man sich vorher umsieht und prüft, ob einem das liegt“, erklärt Bock. Bis sie einen Studienplatz erhält, kann sie weiter im Franz Sales Haus arbeiten – dort wird sie einen behinderten Jungen betreuen. Für Unentschlossene hat die Essenerin noch einen Tipp: „Wer nicht weiß, was er nach der Schule machen soll, kann sich kurzfristig an einen Wohlfahrtsverband wenden. Der Bundesfreiwilligendienst hilft dabei sich selbst zu entwickeln und etwas dazuzulernen.“