Essen. . Alt, krank, verhaltensauffällig: Im Tierheim landen immer öfter Tiere, die gesundheitlich angeschlagen oder nicht artgerecht gehalten wurden. Das bedeutet nicht nur hohe Kosten, sondern auch viel Arbeit für die Pfleger, damit die Tiere vermittelt werden können. Vier Geschichten.
Langzeit-Insassen im Tierheim bedeuten viel Arbeit, hohe Kosten und schlechte Vermittlungschancen. Die Pfleger stellen vier Hunde und ihre Geschichte vor.
Gesund, jung und unkompliziert: Kommen Tiere mit diesen Eigenschaften ins Tierheim, dann stehen ihre Chancen richtig gut, schnell ein neues zu Hause zu finden, erklärt Leiterin Bärbel Thomassen. Die Langzeitinsassen hingegen sind diejenigen, die krank oder verhaltensauffällig sind, weil sie nicht artgerecht gehalten wurden. Sie bleiben mitunter mehrere Jahre an der Grillostraße, wo die Abgabe von kranken Tieren zugenommen hat. Deren Versorgung ist aufwendig und teuer: weit mehr als 100.000 Euro im Jahr.
Das Tierheim sucht händeringend Paten
So wie bei Charly (8): Der Foxterrier braucht dringend eine Physiotherapie, weil er kaum noch laufen kann. „Nach drei Tierarztterminen gibt es immer noch keine Diagnose, aber er muss Muskeln aufbauen“, sagt Bärbel Thomassen. Das Tierheim sucht nun Paten, um die Behandlung zu finanzieren.
Dabei standen Charlys Vermittlungschancen ohnehin schlecht: Als Welpe kam er zu einem älteren Ehepaar (80), lernte weder Spaziergänge noch Artgenossen kennen, erzählt Pflegerin Kerstin Birth. Da ein Foxterrier aber nicht nur beschäftigt werden will, sondern bei falscher oder fehlender Erziehung auch sehr eigenwillig sein kann, muss er offenbar mit Futter ruhig gestellt worden sein und litt unter extremem Übergewicht. Nach sechs Jahren kapitulierten die Halter vor einem Hund, der sie anknurrte und schnappte, weil er gelernt hatte, so seinen Willen zu bekommen: „Ein dramatisches Beispiel für nicht artgerechte Haltung.“ Und eine extrem schwierige Vermittlungsarbeit.
Aktive Menschen mit Hundeerfahrung
Auch Malinois Balou wartet bereits seit mehr als einem Jahr auf Interessenten. Die bekommen einen Rüden (3), der rassebedingt ein Arbeitstier ist, sagt Tierpflegerin Yvonne Parting. Genau das habe sein Vorbesitzer, ein junger Mann, offenbar absolut falsch eingeschätzt. Balou ist heute ein eher skeptischer Hund, der erst Vertrauen aufbauen muss. „Dann ist er verschmust.“ Dafür muss er vor allem ausgelastet sein: Radfahren, Ballspiel, Suchaufgaben, Fährtenarbeit und Hundesport, nennt sie Beispiele für artgerechte Haltung. Seine neuen Besitzer sollten aktive Menschen mit Hundeerfahrung sein.
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Das gilt ebenso bei Jack-Russel-Hündin Easy. Ihre Vorbesitzer haben die Terrier-Persönlichkeit total unterschätzt. Vielleicht wegen ihrer Maße: 23 cm, 6 kg. „Wir haben wohl alles falsch gemacht“, sagte die Familie bei der Abgabe. Auch Easy hat gelernt, sich zähnezeigend durchzusetzen. „Sie braucht eine trickreiche Erziehung“, sagt Bärbel Thomassen. Denn die Hündin ist ungeheuer interessiert, lernt schnell, ruht in sich, ist gleichzeitig selbstbewusst, beschreibt Kerstin Birth. Wer Druck ausübt, werde daher keinen Erfolg haben. Ablenken statt Bestrafen heißt die Aufgabe bei dem Terrier: „Wer Easy respektiert, bekommt Gleiches zurück.“