Essen. Seit Jahrzehnten leitet Hans Jürgen Holler den Tierschutzverein in Essen. Erste Erfahrungen mit Tieren sammelte er schon als Kind. Davon zeugt noch heute eine Narbe auf seiner Wange. Nun hat er sich vorgenommen, einen Nachfolger zu finden. Weitere große Veränderungen stehen rund um das Tierheim an.
Seine erste Erfahrung mit einem Tier sammelte Hans Jürgen Holler mit Großmutters Katze: „Ich habe sie geärgert, und sie hat mir eine gefegt“, erzählt der 78-Jährige. Was von der Begegnung blieb, sind eine Narbe auf der Wange und die Erkenntnis, dass Tiere nicht als Spielzeug, sondern mit Achtung zu behandeln sind. Genau das macht der Holsterhauser bis heute: im Tierschutzverein Groß-Essen.
Holler ist seit mehr als 40 Jahren im Vorstand. „Meine Oma war im Tierschutzverein und hat mich mitgeschleppt“, erzählt er. Bereits in den 1950er Jahren half Hans Jürgen Holler dem damaligen Vorsitzenden, die Grundlagen für ein Tierheim zu schaffen, dessen Träger der Tierschutzverein wurde. Sie hatten von der Stadt das Gelände an der Grillostraße zugewiesen bekommen, auf dem sich eine Gas-Abfüll-Anlage befand. Das Tierheim war zunächst sehr bescheiden, die Hunde lebten unter freiem Himmel, erinnert sich Holler. Er selbst studierte damals Betriebswirtschaft, wurde Diplom-Handelslehrer und leitete später das Robert-Schuman-Berufskolleg.
Bürgschaft von der Stadt für den Tierheim-Neubau
Im Verein hegten sie 1978 mit dem Tierheim-Neubau große Pläne. Der Stadtdirektor schlug vor, diesen mit Bankenkrediten zu finanzieren. Allein empfanden es die Institute als „zu wackelig, einem Tierschutzverein fünf Millionen Mark zu leihen“. Da tat die Stadt etwas Einmaliges, wie Hans Jürgen Holler formuliert: „Sie bürgte.“ Die gute Zusammenarbeit hält bis heute an, sagt er.
Bis heute zahlen sie auch noch den Kredit ab, mit dessen Hilfe das Tierheim seine Gestalt bekam. 1982 war es fertig, später folgten Katzen- und Kleintierhaus. Was die Finanzen angeht, sind die oft das Hauptproblem der Tierschützer. Der Essener Verein komme relativ gut über die Runden, sagt der Vorsitzende. Das liege an den mehr als 3000 Mitgliedern, an Einzelspendern und Erbschaften: „Offenbar haben wir einen guten Ruf und begeistern viele mit unserer Arbeit.“ Die bereiten ihnen rund 3500 Tiere, die sie jedes Jahr aufnehmen. Vor allem die Anzahl der Katzen steige. Zudem werden die immer öfter krank aufgegriffen, was enorme Pflege, längere Verweildauer und gestiegene Kosten für Medikamente bedeutet, sagt Holler. Seit einigen Jahren hat das Tierheim dafür eine Tierärztin eingestellt.
Von der Stadt, die per Gesetz Verantwortung für Fundtiere trägt, erhält das Tierheim 200.000 Euro im Jahr. Das deckt nicht einmal ein Drittel der Personalkosten, die bei 700.000 Euro liegen. Holler hegte große Hoffnung, dass ein Gesetz einen Rahmen für dieses Entgelt schafft: „Immerhin hatte der Bundesrat das 2011 einstimmig beschlossen.“
Der Papierkrieg dauert manchmal zwölf Stunden am Tag
Dann ist es doch wieder im Sande verlaufen, bedauert Holler, der auch als Ehrenvorsitzender des NRW-Landestierschutzverbandes aktiv ist. Kürzlich schrieb er CDU-Chef Armin Laschet an und fragte: „Wie wär’s mit Tierschutz im Programm?“ Den Kontakt zur Politik zu halten, das gehört zu Hollers Aufgaben. Die bestehen vor allem aus Papierkrieg, manchmal zwölf Stunden am Tag, so dass dem Tierschützer für eigene Tiere kaum Zeit bleibt.
Fünf Hunde lebten im Laufe der Jahre bei ihm, jetzt entspannt er beim Aquariumputzen. Hans Jürgen Holler hat sich nun vorgenommen, einen Nachfolger zu finden: „Leute, die aufrücken könnten, gibt es.“ Er zumindest wolle mit 80 nicht mehr verantwortlich sein, dann müsse das Haus gemacht sein. Ob dann bei Hollers zu Hause wieder ein Hund einzieht? „Das kann schnell passieren“, sagt Holler schmunzelnd. Im Tierheim zumindest warten einige. . .
Neue Rechtsform für das Essener Tierheim
Im Tierheim stehen Veränderungen an, die seine Rechtsform betreffen. Das Heim soll zur gemeinnützigen GmbH werden. Derzeit ist der Tierschutzverein Groß-Essen Träger des Tierheims, erklärt der Vorsitzende Hans Jürgen Holler. In seiner heutigen Größe ist diese Rechtsform dafür nicht mehr geschaffen, sagt er. Immerhin haftet der Vorstand im Einzelfall auch mit seinem Privateigentum.
Nun soll der Tierheim-Betrieb vom Verein getrennt werden, der aber weiterhin als dessen Förderverein bleiben wird. „In anderen Städten wird es bereits so gemacht“, sagt Holler. In München etwa, und auch in Gelsenkirchen sei es bereits in der Form gelöst.
In Essen ist die Änderung grundsätzlich beschlossen. Nun gibt es Verträge, die geschlossen werden müssen. Dann stehen Fragen nach der Geschäftsführung des Betriebs an und die nach dem Vorstand der gGmbH, der den Verein vertritt. Nach außen werde sich nichts ändern, für die 25 Mitarbeiter werde die gGmbH der Arbeitgeber sein. „Wir hoffen, dass wir bis zum Herbst eine beschlussfähige Vorlage haben“, sagt Holler. Dann wird es für die rund 3000 Mitglieder eine außerordentliche Versammlung geben. Irgendwann vielleicht auch einen Tierrettungsdienst: „Ein Wagen mit Tierarzt an Bord, das wäre für eine Großstadt sinnvoll“, sagt Holler. Eine weitere GmbH könnte auch diesen Dienst in Zukunft vielleicht ermöglichen.