Essen. Drei Einzelstücke, Preis jeweils 180 Euro: Eine Galerie in Essen bot bemalte Waschlappen zum Kauf an, die die Portraits der NSU-Terroristen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt zeigen. Nach einer Welle der Empörung haben die Galeristen die Werke des Düsseldorfer Künstlers Holger Kurt Jäger abgenommen.
Heftige Diskussionen hat der Bericht der WAZ über die Galerie „kunstraum“ in Rüttenscheid ausgelöst, die Waschlappen mit den Konterfeis der NSU-Terroristen zum Kauf angeboten hat.
Die umstrittenen Werke des Düsseldorfer Künstlers Holger Kurt Jäger trugen der Galerie eine mediale Empörungs-Welle ein: Fernsehen, Radio, Zeitungen - darunter auch türkische - wollten über die Waschlappen berichten. Tenor: Wie kann man Leuten, denen eine Mordserie vorgeworfen wird, ein Denkmal in Form eines Kunstwerks setzen?
Kunst oder Provokation?
Die Aufregung war erwartbar, dennoch zeigten sich die Galeristen über das große Ausmaß überrascht - und inzwischen haben sie eingelenkt. Colmar Schulte-Goltz und Oliver Noelte haben die NSU-Waschlappen abgenommen. Sie sollen nicht mehr verkauft werden. An ihrer Stelle hängen nun Rehgeweihe. „Wir hegen keinerlei Sympathie für die Taten der rechtsradikalen Terroristen und wollten auch nicht diesen Eindruck erwecken.“ Dennoch staune man: Die Terroristen-Portraits seien tausendfach gedruckt worden, und jetzt, da ein Künstler sie als Bild malte, seien sie zum Aufreger geworden.
Bleibt die Frage: Sind die Waschlappen Kunst oder pure Provokation? Galerist Schulte-Goltz sagt ganz klar: „Kunst.“ Ein Kunstwerk, erklärt er, müsse sechs Kriterien erfüllen: Es muss im Kopf bleiben, einen zeitgeschichtlich relevanten Inhalt haben, technisch gut gemacht sein, der Künstler hat etwas neues geschaffen, es muss seine individuelle Handschrift tragen und es überträgt ein medial beachtetes Phänomen authentisch in die Kunst. „All’ dies ist bei den Waschlappen gegeben.“
Frottee-Kunstwerke sind Einzelstücke
Die Frottee-Kunstwerke sind Einzelstücke. Künstler Holger Kurt Jäger hat die Waschlappen mit Ölfarbe bemalt. Anders als bei allen anderen Waschlappen aus seiner Serie – er hatte zum Beispiel auch Dieter Bohlen und Christian Wulff verewigt – sind die NSU-Terroristen nicht farbig, sondern bewusst schwarz-weiß gestaltet. „Ich will keine Wertung der Personen vornehmen, sie entsteht im Kopf des Betrachters.“ Ihm gehe es darum, Prominente mit moralischen Verfehlungen, ungeraden Biografien oder Abgründen darzustellen.
Und zuweilen schockiert das.
Holger Kurt Jäger folgt der Tradition des Kölner Künstlers Gerhard Richter, der 1988 mit einer Gemälde-Serie über RAF-Terroristen die Gemüter erhitzte. Heute hängen Richters Werke im Museum of Modern Arts in New York. „Richter hat sich mit der deutschen Geschichte auseinandergesetzt“, sagt Galerist Noelte. „Und so tragisch es ist: Auch Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sind jetzt Teil der deutschen Geschichte.“
Wulff als Waschlappen