Essen. . Politisch motivierte Kriminalität von Rechts hat zugenommen, auch in Essen. Zehn Prozent mehr Straftaten zählte die Polizei im vergangenen Jahr. Knapp unter 100 Rechtsextremisten sind in den Akten registriert. Etwa ein Viertel davon ist durch Gewaltdelikte aufgefallen.

Essens rechte Szene zeigt keine wirkliche Größe. Zumindest keine so ernst zu nehmende wie Dortmund, Aachen, Köln oder Wuppertal. Dort geht die Polizei seit über einem Jahr nicht ohne Grund mit Sonderkommissionen gegen extremistische Neonazi-Auswüchse vor, während selbst die rote Antifa den hiesigen Strukturen ein vergleichsweise blasses Braun bescheinigt. „Wir stehen relativ gut da, ohne große Probleme“, heißt es bei der Essener Polizei.

Doch wer vor diesem Hintergrund meint, die hiesigen Staatsschützer seien arbeitslos, irrt gewaltig: Tatsächlich hat die erkennbare politisch motivierte Kriminalität von Rechts auch in Essen zugenommen. Über zehn Prozent mehr Straftaten sind der Polizei im vergangenen Jahr bekannt geworden. Die Zahl der so genannten Propagandadelikte (etwa das Verwenden von Hakenkreuzen), der Sachbeschädigungen, der Volksverhetzung und anderer Vergehen ist von 198 in 2011 auf 218 gestiegen, während die Aufklärungsquote im selben Zeitraum von 46,5 auf 41,3 Prozent sank.

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Wer bei der Polizei nach einer möglichen Erklärung für die Zunahme sucht, bekommt eine Antwort: Zu vermuten ist, dass die Bevölkerung durch die Diskussionen um den Terror von Rechts und die NSU-Gruppe sensibler geworden sein könnte. Es sei deshalb ein „durchaus erhöhtes Anzeigenaufkommen festzustellen“.

Knapp unter 100 Rechtsextremisten sind in den Akten der Behörde an der Büscherstraße registriert. Etwa ein Viertel davon ist durch Gewaltdelikte aufgefallen: zwölf in der Fußball- und Hooliganszene. Gegen weitere sieben Neonazis richtet sich der Vorwurf, Straftaten der so genannten Allgemeinkriminalität begangen zu haben.

"Hohe kriminelle Energie" bei Neonazis

Erst vor zwei Tagen hatte NRW-Innenminister Ralf Jäger auf genau diese „hohe kriminelle Energie von Neonazis“ hingewiesen und vor einem erkennbaren Phänomen gewarnt: Es zeige sich, dass auf nahezu jedes bekannt gewordene politisch motivierte Gewaltdelikt zwei weitere kommen – etwa Körperverletzungen, Diebstähle und Einbrüche. Deshalb, so Jäger, seien Rechtsextremisten gemeingefährlich.

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Dies allerdings ist eine Erkenntnis, die selbst für Essen zutreffend zu sein scheint: Denn einige wenige Vertreter der hiesigen rechten Szene gelten in der Tat als besonders gefährlich und werden bei den Behörden als so genannte Intensivtäter geführt, berichtete Polizeisprecher Raymund Sandach auf Nachfrage. Was heißt: Die rechten Kriminellen sind bereits mehrfach einschlägig in Erscheinung getreten und stehen deshalb unter ständiger Beobachtung der Ermittler.