Essen. . Stadt und Einzelhandelsverband wollen die Stadtteilzentren wieder stärken. Erfolge brachte das bereits in Haarzopf, Katernberg, Karnap. Doch nicht überall sind die neuen Pläne willkommen.

Den Einzelhandel zieht es zurück in die Stadtteile. Diese Entwicklung, von Stadt und Einzelhandelsverband auf breiter Front getragen, ist gestern ein weiteres Beispiel hinzugefügt worden: Im Deutschlandhaus erhielt ein Vertreter der Unternehmensgruppe Ten Brinke die Baugenehmigung für ein rund sieben Millionen Euro schweres Immobilen-Investment in Essen nördlichstem Stadtteil.

In Karnap will Ten Brinke nach der Sommerpause eine „Neue Mitte“ zwischen Marktplatz und Karnaper Straße errichten, mit einem Rewe-Markt als Vollsortimenter und einer Filiale der holländischen Kleinkaufhaus-Kette „action“. „Unsere Anstrengungen haben sich gelohnt“, freute sich gestern Udo Bayer, als EBB-Fraktionschef auf politischer Seite die treibende Kraft hinter dem Einzelhandelsprojekt. „Damit werden wir eine Trendwende in Karnap herbeiführen.“ Das hat das „Dorf“ hinterm Kanal auch bitter nötig: Der Einzelhandel ist längst in Agonie verfallen, die Leerstände sind eklatant, Schrottimmobilien prägen das Bild der Karnaper Straße, in einem Stadtteil, der als beispielhafte Gartenstadt gilt, mit einer der größten zusammenhängenden Zechensiedlung Essens.

Haarzopf als Paradebeispiel

„Sie brauchen in einem Stadtteil einen Ankerbetrieb, und das ist ein Lebensmittelhändler, egal ob Vollsortimenter oder Discounter“, betont Marc Heistermann, Geschäftsführer des Essener Einzelhandelsverbandes. „Überall dort, wo dies gelingt, sehen wir eine positive Entwicklung.“ Die Stadt betreibe hier eine beispielhafte Politik, so Heistermann, „das Zentrenkonzept wird konsequent umgesetzt“.

Die Marschrichtung sehe vor, den Einzelhandel in den Stadtteilen zu halten, Discounter auf der „grünen Wiese“ in den Gewerbegebieten zu verhindern, sie vielmehr von den Zentren zu überzeugen: So zum Beispiel in Haarzopf: „Hier ist uns das sehr gut gelungen“, sagt Detlef Robrecht vom Amt für Stadtplanung und Bauordnung. Seit die „Neue Mitte“ vor fünf Jahren öffnete, habe sich das Zentrum positiv entwickelt. Ebenso gelte dies für Katernberg, wo sich Rewe neben Aldi und einem Drogeriemarkt findet.

In Mülheim und Oberhausen sieht es düster aus

„Haarzopf, das ist ein Knaller geworden“, sagt Detlef Robrecht. Morgens um zehn seien die Parkplätze bereits belegt, die Geschäfte gut besucht: „Der Weg dahin ist wie im Fall Karnap manchmal unglaublich schwierig, aber er lohnt sich.“ Ist erst einmal ein Lebensmittelhändler etabliert, kehrten auch die kleineren Händler zurück, die Fachgeschäfte, Bäcker, Friseure, Drogeriemärkte und andere. Selbst manche Sünden der Vergangenheit, etwa in Borbeck an der Wolfsbankstraße, ließen sich noch korrigieren: „Seit sich Kaufland im Zentrum angesiedelt hat, sehen wir ein anderes Bild“, so Robrecht.

So positiv die Zusammenarbeit zu bewerten sei, gebe es im Detail aber auch mal Streit, wirft hier Marc Heistermann für den Einzelhandelsverband ein, der auf aktuelle Diskussionen in Frintrop oder Burgaltendorf verweist, wo es Widerstand gegen die Ansiedlung von Discountern gibt. Andererseits: „Wenn wir in den Stadtteilen nichts tun, dann kann das auch wie in Mülheim oder Oberhausen enden.“ Hier sei die Situation mancherorts doch „recht düster“.

Neuer Kunstrasenplatz für Karnap

In Karnap zeichnet sich derweil eine Initialzündung für den Stadtteil ab: Denn Bauherr Ten Brinke wird für eine alte Turnhalle auf dem Grundstück am Markt Ersatz schaffen am Emscherpark. Im September soll der Spatenstich erfolgen, im Frühjahr 2014, sobald die Halle steht, wird mit dem Abriss der alten Gebäude begonnen. Gleichzeitig hat die Stadt zugesagt, mit dem ersparten Geldern für die Turnhalle, immerhin rund 500.000 Euro, dem FC Karnap den längst überfälligen Kunstrasenplatz zu finanzieren.

Auch hier wäre Baubeginn im Frühjahr 2014. „Das ist für alle die perfekte Lösung“, sagt Udo Bayer, „für den Stadtteil, für den Sport – und für den Einzelhandel.“ Das traurige Bild der Karnaper Straße, es soll bald Vergangenheit sein.