Altes Rathaus soll Symbol der Identifikation für Essen werden
•
Lesezeit: 3 Minuten
Essen. Frankfurt rekonstruiert seine Altstadt - zur Freude der Bürger. Warum soll Essen nicht seine abgerissene Mitte wieder aufbauen, fragt der Architekt Axel Koschany, der dies als einen entscheidenden Schritt ansehen würde, um die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt zu stärken.
Nein, als konkrete Aufforderung will er es erst mal nicht verstanden wissen. Allerdings hat sich der Architekt Axel Koschany schon etwas dabei gedacht, als er jüngst in einem Aufsatz die Frage aufwarf, ob nicht das alte Rathaus wieder aufgebaut werden sollte. „Es würde wohl der Innenstadt den Ort der Identifikation geben, der den Bürgern heute so fehlt“, sagt Koschany und erschreckt selbst ein bisschen vor dem Gedanken. Denn Architekten sind normalerweise nicht dafür bekannt, dass sie gern „rückwärtsgewandt“ rekonstrieren.
In seiner Funktion als Botschafter des Strukturprozesses „Essen 2030“ kam der Mitinhaber des renommierten Essener Architekturbüros KZA jüngst mit anderen auf die Atmosphäre der Innenstadt zu sprechen. Sie ist nicht so, dass sich die meisten Essener sonderlich zur Idenitifikation eingeladen fühlen. Essen ist nicht die einzige Stadt, die dieses Problem hat, Frankfurt etwa baut derzeit sehr bewusst einen Teil der zerbombten Altstadt originalgetreu wieder auf. Was dort geht, meint Koschany, könnte doch auch für Essen der richtige Weg sein. Nicht heute oder morgen, aber als langfristige Perspektive.
Wo würde man gern Kaffee trinken?
Abscheu gegen Repliken empfindet Koschany schon länger nicht mehr. „Es funktioniert nun mal, denn die alte Architektur stiftet Identität, Behaglichkeit und Wohlbefinden.“ Die neue, schicke, kühle Architektur - mag sie noch so gut sein - „bekommt das einfach so nicht hin“. Jeder möge einmal selbst prüfen, wo er am liebsten auf einen Kaffee Platz nimmt, wenn er eine Stadt besichtigt, rät Koschany.
Also: Warum nicht an der Stelle, wo bis 1964 das alte Rathaus stand, irgendwann eine Replik dieses neogotischen Schmuckstücks zu versuchen? „Alles was technisches Arbeiten ist, bliebe natürlich im jetzigen Rathaus. Aber alles was bürgernah und repräsentativ ist - also das Büro des OB, das Standesamt, das Bürgerbüro - wäre am alten Standort sehr gut untergebracht“, sagt Koschany, der sicher ist, dass viele Bürger das ähnlich sehen. Tatsächlich erinnern sich ältere Essener bis heute gern daran, wie sie sich im alten Rathaus das Ja-Wort gegeben haben.
Essen aus der Luft
1/77
Man braucht Investoren
Auch nach dem Bombenkrieg und dem vereinfachten Wiederaufbau war das ein würdiger Bau. Dass die Essener den Abriss dennoch ohne Protest hinnahmen, war Folge eines Zeitgeistes, der alles Alte unter Generalverdacht stellte und Traditionen verachtete - gerade die Ruhr-Städte mit ihrer schwach ausgeprägten Bürgerlichkeit waren hierfür anfällig. Heute wäre das so undenkbar.
Koschany ist kein Spinner, er weiß, dass die Stadt selbst eine solche Neubau-Investition nicht stemmen könnte. „Man braucht Investoren, und neben den städtischen Stellen müsste es im Erdgeschoss auch Geschäfte geben, denn mit einem solchen Haus müsste natürlich Geld verdient werden“. Vor allem gehe es darum, eine Debatte anzustoßen. „Mit dem Ja zur Innenstadt steht und fällt die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt.“
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.