Sie beziehen im Herbst eine neue Firmenzentrale. Wieso war es wichtig, am Standort Essen zu bleiben?
Burkhard Röhrig: Ich bin Ruhrpottler, ich fühle mich nicht an Essen gebunden. Ich habe auch mit einem Standort in Mülheim geliebäugelt. Aber als die Essener Wirtschaftsförderung das mitbekam, haben die sich noch mehr angestrengt, uns hier zu halten. Schließlich zahlen wir seit 25 Jahren Gewerbesteuer. Das summiert sich auf mehrere Millionen. Es ist also schon erstrebenswert, in Essen zu bleiben.
Was schätzen Sie an Essen?
Es gibt hier einige ausgeschlafene Organisationen, die die Unternehmen unterstützen. Dazu zähle ich die IHK, die Essener Wirtschaftsförderung oder auch den Essener Unternehmensverband. Hinzu kommt, dass zwischen Duisburg und Dortmund sehr viele Informatiker jedes Jahr „produziert“ werden.
Wo sind die Minuspunkte?
Schwierig wird es immer dann, wenn man Mitarbeiter aus anderen Regionen wie München, Hamburg nach Essen ziehen will. Das ist dem Ruf des Ruhrgebietes geschuldet. Daran müssen wir arbeiten.
Was tun Sie als Unternehmen dafür?
Ich hatte mich anfangs in der Initiative Essen.2030 stark gemacht und dafür geworben, dass man Punkte benennt, wo Essen an anderen Städten mal vorbeipreschen könnte. Aus meiner Sicht wäre das Thema Kindertagesstätten eine geeignete Maßnahme, um Essen zu einer familienfreundlichen Vorzeigestadt zu machen.
Heißt das kostenlose Kita-Plätze wie in Düsseldorf?
Nicht unbedingt. Aber sie sollten in ausreichender Zahl vorhanden sein und eine hervorragende pädagogische Betreuung anbieten.
Essen tut also zu wenig, um attraktiv nach außen zu sein?
Andere Städte wie Hamburg oder München haben ihren natürlichen Reiz. Da werden wir nie heranreichen. Also muss sich Essen fragen, was man tun kann, um auf anderen Feldern zu punkten und junge Familien, die hervorragend ausgebildet sind, nach Essen zu locken. Das Thema Familie sollte im Strategieprozess eine zentrale Rolle spielen.
Geht der Strategieprozess 2030 in die richtige Richtung?
Das kann ich nicht beurteilen. Aus meiner Wahrnehmung plätschert das Ganze derzeit so dahin. Was ich schade finden würde.
Wie locken Sie Mitarbeiter hierher?
Wir versuchen, sie für die Region zu begeistern. Da hilft das Thema Fußball, da hilft aber auch, die Ehepartner einzuladen und ihnen das Ruhrgebiet zu zeigen. Es ist vieles besser als der Ruf.
Wird auch der IT-Standort Essen zu wenig wahrgenommen?
Das ist leider so. Frühere Initiativen, die IT-Firmen zu gemeinsamen Aktionen zu bewegen, haben nichts gebracht. Dabei wäre es schon aus Rekrutierungsgründen eine Herzensangelegenheit für mich.
Was kann man tun?
Das IT-Netzwerk ZDI wird mit uns eine neue Initiative ins Leben rufen, um vor allem jungen Leuten klar zu machen, dass es hier bedeutsame IT-Unternehmen mit relativ krisenfesten Arbeitsplätzen gibt. Mehr will ich aber noch nicht verraten.