Essen. Die ersten Mieter sind in das „Tanja-Ubländer-Haus“in Essen eingezogen. Es ist bundesweit ein einzigartiges Wohnprojekt für Alleinerziehende und Rentner

Etwas verloren sitzt Helene Born in der modernen Wohnküche des gerade eröffneten „Tanja-Ubländer-Hauses“: Die 79-jährige Witwe ist die erste Seniorin, die in das Mehrgenerationenhaus gezogen ist, das der Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten (VKJ) in der ehemaligen Obdachlosenunterkunft auf der Märkischen Straße verwirklicht hat. „Ich war das Alleinsein satt“, sagt sie, „deswegen habe ich meine Drei-Zimmer-Wohnung aufgegeben und mich für die Alten-Wohngemeinschaft entschieden.“

Groß ist ihr Zimmer nicht, doch es hat ein barrierefreies Bad und einen quadratischen Balkon mit Blick ins Grüne. Drei Senioren können in der Erdgeschosswohnung zusammen leben, deren Mittelpunkt die komplett eingerichtete Küche ist. Jetzt wartet Helene Born auf ihre zukünftigen Mitbewohner.

"Ich stehe zur Verfügung, rede aber nicht rein"

„Ich glaube, dass die Hemmschwelle bei älteren Menschen noch immer hoch ist, sich in eine Wohngemeinschaft zu begeben“, begründet Petra Staats die etwas zögerliche Nachfrage. Die Erzieherin der benachbarten VKJ-Kita „Kleine Füße“ hat sich für ihre neue Aufgabe als sozialpädagogische Familienhelferin ausbilden lassen und dient den Bewohnern als Ansprechpartnerin für alle Belange.

„Ich stehe zur Verfügung, rede aber nicht rein“, erklärt sie ihre Position. Ihre Arbeit ist ein wichtiger Baustein des Konzeptes, in das auch die benachbarte Kita eingebunden ist. Hier kann Helene Born, wenn sie will, zu Mittag essen oder mit den Kindern spielen.

Standort sei nicht hinderlich

Eines davon ist der vierjährige Sohn von Julia Stachowiak. Die 23-Jährige lebt ebenfalls seit Anfang Mai im „Tanja-Ubländer-Haus“, das neben der Alten-WG vier 55 Quadratmeter große Apartments für alleinerziehende Mütter in sozialen Nöten bietet. Ihre Nachbarin ist die 17-jährige Neelam Limper, die gerade ihr erstes Kind erwartet.

Die junge Frau wollte nicht in ein Mutter-Kind-Heim und findet das selbstbestimmte Leben in den eigenen vier Wänden großartig. „Wenn ich Hilfe brauche, kann ich mich jederzeit an die Kita oder Frau Staats wenden“, sagt die Hochschwangere. Wie Julia Stachowiak möchte sie die für sie optimalen Bedingungen nutzen, um eine Ausbildung zu machen.

„Mit unserem Mehrgenerationenhaus beschreiten wir deutschlandweit neue Wege“, ist Oliver Kern, VKJ-Geschäftsführer, überzeugt, „und wie alle neuen Projekte bedarf es einiger Zeit, bevor sie angenommen werden.“ Auch den Standort am Rande der Stadt in Freisenbruch findet Kern nicht hinderlich: „Der Bus hält vor der Tür und auf der Bochumer Landstraße gibt es alle Einkaufsmöglichkeiten.“