Essen. Seit 1992 fährt die Evag in ihrem Alpha-Liner Könige, Präsidenten und Prominente durch deutsche Lande.

Vielleicht ist er bald ein Fall für die Verkehrshistorische Arbeitsgemeinschaft Evag, der „Alpha-Liner“, das Prachtstück im Fuhrpark der Essener Verkehrs-AG. Sie kümmert sich um ausgediente historische Schätzchen, die nicht mehr zeitgemäß sind – so wie der Luxus-Konferenzbus, der vor gut 20 Jahren 702.000 Mark kostete und mittlerweile längst abgeschrieben ist. Und dennoch: „Eigentlich ist er gerade erstmal richtig eingefahren“, weiß. Rund 350.000 Kilometer hat er erst auf dem Tacho, bringt 381 PS auf die Straße und war zumindest 1992 ein Konferenzbus, der seines Gleichen sucht.

„Er ist top gewartet und gepflegt, aber so einen Bus bucht heute keiner mehr. Fliegen ist günstiger und die Technik in neuen Modellen viel weiter“, sagt Enders. 650 Euro müsste man für einen Tag berappen, inklusive Fahrer und einem neuen Rußpartikelfilter unter der Haube. Dieser wurde notwendig, damit der Bus in Umweltzonen fahren darf. Und nicht wie vor zwei Jahren geschehen, auf dem Weg nach Mannheim an der Stadtgrenze Halt machen musste, damit der Evag-Vorstand auf seiner Bus-Einkaufstour in einen Linienbus umsteigen musste, der mit Umweltplakette in die Zone durfte.

Behalten aus repräsentativen Gründen

Teuer war diese Umrüstung damals, aber Geld spielte noch nie wirklich eine Rolle beim ersten Bus der Stadt. Auch wenn man sich ausgiebig im Stadtrat und in den Medien übers „Millionengrab“ stritt. Satte Gewinne fuhr die Evag mit dem protzigen Gefährt nie ein; haben wollte ihn die Politik dennoch – allen voran der frühere Oberstadtdirektor Kurt Busch und Alt-Oberbürgermeisterin Annette Jäger. Und zwar aus repräsentativen Gründen, schließlich musste die Stadt Essen ihren honorigen Gästen etwas Besonderes, ja Einzigartiges bieten. Und wie das mit den „Millionengräbern“ von einst meist ist, es gibt sie immer noch. Auch wenn der mittlerweile betagte Bus heute nur noch selten zum Einsatz kommt.

Dass selbst der Papst mitgefahren sei, „ja dieses Gerücht hält sich wacker“, sagt Peter Baesch, der Essens Prachtbus vom ersten Tag an fuhr bis zum Beginn seiner Altersteilzeit im vergangenen Jahr. Immerhin sei das Kirchenoberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, der Patriarch von Moskau und ganz Russland, mal mitgefahren, „quasi der russische Papst“, wie Baesch salopp bemerkt. Für den Bischof von Rom stand der Alpha-Liner hingegen bei einer Deutschlandreise „in Bereitschaft auf dem Betriebshof“, kam aber nicht zum Einsatz, „da der Papst lieber Helikopter flog“. Anders so manches weltliche Oberhaupt: Nach dem Mauerfall fuhr Baesch den Präsidenten der Sowjetuni­on, Michail Gorbatschow, durch deutsche Lande. Wenig später kutschierte die Evag US-Präsident Ronald Reagan durch Ost und West. „Boris Jelzin und Außenminister Kinkel sind auch mal mitgefahren“, erinnert sich Baesch.

Helmut Kohls Sonderwünsche

Als Bundeskanzler Kohl den Alpha-Li­ner 1994 im Rahmen des EU-Gipfels nutzte, äußerte Bonns Bundeskanzleramt einige Sonderwünsche: Da, je nach Körpermaß, die Sitze im Luxusbus sehr eng sein könnten, bat man darum, einen „geräumigeren Sitz“ für Kohl einzubauen. „Aber das haben wir abgelehnt, wir können schließlich nicht für jeden Gast den Bus umbauen“, betont Enders. „Kohls persönlichen Wunsch, mit seinen Gästen beim Shuttel-Service zwischen der Messe und dem Schlosshotel Hugenpoet nicht am Asylantenwohnheim Lerchenstraße vorbei zu fahren, haben wir aber erfüllt“, sagt Baesch, der damals hinterm Steuer saß. Und den Bus fuhr, als die Bundespräsidenten Rau und Herzog, Peer Steinbrück als NRW-Ministerpräsident, Ex-Boxweltmeister Axel Schulz sowie die groß gewachsenen Spieler der „Los Angeles Lakers“, das Basketballteam um Magic Johnson, im Luxusbus unterwegs waren.

Nicht nur die Basketballprofis, sondern wohl auch so manches gekrönte Haupt musste beim Weg zu seinem Platz den Kopf ein wenig nach unten beugen: Spaniens König Juan Carlos, Königin Silvia von Schweden und ihre Amtskollegin Margrethe II. von Dänemark samt Familie sowie Marie Christine von Reibnitz, ihres Zeichens Prinzessin von Kent, durch Heirat ein Mitglied der britischen Königsfamilie. An die Fahrt mit Königin Silvia kann sich Baesch gut erinnern: „Das war im Rahmen der Feierlichkeiten zu 350 Jahre Westfälischer Friede, als wir von Münster nach Osnabrück gefahren sind. Die Königin winkte aus dem Fenster, bis ich sie darauf aufmerksam machte, dass niemand sie durch die getönten Scheiben sieht. Da kam sie nach vorne und fuhr winkend neben mir mit.“