Essen.

Fast zwei Jahre lang hatte die Gelsenkirchener Prostituierte ihn erpresst, sogar in seiner Firma und vor seinem Haus im Essener Süden aufgesucht und unter Druck gesetzt. Da zeigte sich die II. Essener Strafkammer am Freitag rücksichtsvoller gegenüber dem 39 Jahre alten Unternehmer und gewährte ihm eine Vorzugsbehandlung. Bei seiner Vernehmung schloss sie die Öffentlichkeit aus.

Vor allem für die Opfer von Sexualstraftaten ist diese Möglichkeit im Gerichtsverfassungsgesetz geschaffen worden, wenn „Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich (...) zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde“. Aber zunehmend nutzen diese Vorschrift auch Prozessbeteiligte, die keine Opfer einer Sexualstraftat sind. Etwa der vor wenigen Jahren am Landgericht Essen wegen Vergewaltigung angeklagte SPD-Ratsherr, der seinem Opfer vor der Verhandlung 50.000 Euro Schmerzensgeld gab. Oder jetzt der Unternehmer, der 485.000 Euro Schweigegeld an die Prostituierte zahlte, damit sie seiner Frau nichts erzählte.

Zwei Jahre lang Treffen

Probleme, Nicole S. im Saal wiederzusehen, hat der eher unscheinbar wirkende Unternehmer nicht. Jedenfalls stellt sein Anwalt Martin Meinberg nicht den Antrag, die 30-Jährige während der Verhandlung auszuschließen. Von 2009 bis 2010 traf der Zeuge sie ganz gerne, zahlte 500 bis 1000 Euro dafür. Als der Familienvater den Kontakt ab Ende 2010 einschlafen ließ, reagierte sie unangenehm. Immerhin drohte ihre Haupteinnahmequelle zu versiegen.

Sie rief in seiner Firma an, kam auch persönlich, drängte auf weitere Treffen. So hatte es der Unternehmer der Polizei gesagt. Erpresst hatte sie ihn dann mit einem Tondokument. Auf einem Diktiergerät hatte sie ein Schäferstündchen mit ihm aufgezeichnet. Er zahlte und zahlte. Erst als Nicole S. mit zwei Türstehertypen vor seinem Haus auftauchte, ging er zur Polizei. Wohlverhalten signalisieren Nicole S. und ihr mitangeklagter Freund. Zugunsten des Unternehmers wollen sie auf teure Rolex-Uhren, Schmuck und Autos verzichten, die bei ihnen sichergestellt wurden.