Essen. . Eine 30 Jahre alte Prostituierte aus Gelsenkirchen muss sich vor dem Landgericht Essen verantworten. Sie gestand, einen Essener Unternehmer um insgesamt 485.000 Euro erpresst zu haben. Falls er nicht zahle, so drohte sie ihm, alles seiner Frau zu erzählen.

„Pretty Woman“, die herzzerreißende Hollywood-Romanze zwischen einem Geschäftsmann und einer Prostituierten, findet im wahren Leben keine Fortsetzung. Seit Montag muss sich vor dem Landgericht Essen die 30 Jahre alte Prostituierte Nicole S. aus Gelsenkirchen wegen Erpressung verantworten. Nach eigenen Worten hat ihr ein Essener Unternehmer in nur eineinhalb Jahren 485.000 Euro gezahlt, damit sie seiner Frau nichts sagt.

„Ich mochte ihn, er war mir sympathisch“, erzählt Nicole S. über den neun Jahre älteren Freier. „Und er war freigiebig“, ergänzt Richter Andreas Labentz die Beschreibung des laut Anklage „vermögenden Unternehmers“. Familienvater ist der 39-Jährige aus dem Essener Süden – und deshalb für eine Erpressung aus dem Milieu besonders anfällig. 500 bis 1000 Euro hatte er der Prostituierten für ihre Dienste jeweils freiwillig gegeben. Als „angenehm“ hatte sie ihn mal bezeichnet, weil er „auch für Gespräche bezahlt“.

Unternehmer bat Polizei um Hilfe

Von 2009 bis 2010 lebten Nicole S. und ihr mitangeklagter Freund, ein Medizinstudent, vom Geld des Unternehmers. Als der die Kontakte beenden wollte, ließ sie bei der Arbeit mit ihm ein Diktiergerät mitlaufen. Mit dieser Aufzeichnung erpresste sie ihn. Im April 2011 forderte sie 30.000 Euro, die sie auch bekam. Wenige Wochen später erhöhte sie auf 50.000 Euro. Sonst besuche sie seine Frau.

Nach mehreren „kleinen“ Beträgen wurden sie und ihr Freund gieriger. Laut Anklage forderten und bekamen sie zweimal 175 000 Euro. Als er weitere Zahlungen verweigerte, tauchte Nicole S. mit einem Mann aus der Türsteherszene vor dem Haus des Freiers oberhalb des Baldeneysees auf. Doch die Drohung mit der körperlichen Überlegenheit des Türstehers ging ins Leere. Der Unternehmer, der seinen Sohn zum Kindergarten fahren wollte, gab Gas. Mit einem Sprung zur Seite rettete sich der Türsteher. Erst danach bat der Unternehmer die Polizei um Hilfe. Bei einer weiteren Geldübergabe nahmen die Beamten Nicole S. am 30. Oktober 2012 fest. Seitdem sitzt sie in U-Haft.

„Er wollte seine Ruhe, und ich wollte Geld“

Vom Geld ist nichts mehr übrig. Teure Autos (Porsche, Mercedes), Rolex-Uhren und eine Karibikreise schmälerten ihre Kasse immer schneller. Angeblich verloren sie einen Großteil des Geldes an einen Betrüger, der für sie Geschäfte mit dem Emirat Katar organisieren sollte. „Es ist nicht alles so gelaufen, wie ich dachte“, umschreibt Nicole S. den Lebensabschnitt, der unter dem Titel „Der Reiche und das Biest“ knapp einzugrenzen ist. Die Rollenverteilung war ihr klar: „Er wollte seine Ruhe, und ich wollte Geld.“

Mit der Festnahme endete das Luxusleben für sie und ihren Freund. Einen Mercedes der C-Klasse fuhr sie, der 27 Jahre alte Student der Medizin den Porsche. Allerdings hatten sie daran gedacht, trotz Rolex-Uhr und Karibik­reise ihren Reichtum nicht zu offensichtlich zur Schau zu stellen. Für den Universitätsparkplatz im Süden Deutschlands musste ein Opel Astra reichen.