Essen. . Wenn Beatrix der Niederlande am Dienstag abdankt und Willem-Alexander übernimmt, schaut Lidwien Göbel fern.

„Als Beatrix 1966 ‘nen Deutschen zum Mann nahm, konnte ich das ein Jahr später auch machen“, erzählt Lidwien Göbel lachend, während sie im gemütlichen Ohrensessel ihres Wohnzimmers sitzt und Kaffee einschenkt. „Nur hatte ich damals keine Probleme deswegen, auch nicht in der Familie“, sagt die 67-Jährige, die seit rund 30 Jahren als Stadtführerin Touristen durch Essen lotst.

Mehr verbindet die gebürtige Eindhovenerin nicht mit der noch amtierenden Oranje-Königin, die Dienstag abdankt und das Zepter an ihren Sohn Willem-Alexander übergibt. Den historischen Tag wird sich Lidwien Göbel dennoch nicht entgehen lassen: Ab 10 Uhr kommen Freunde, gibt es Kaffee sowie selbstgebackenen Kuchen, und dann schauen sie niederländisches Fernsehen – Ende offen. „So sehe ich jedenfalls mehr als wäre ich im Getümmel vor Ort.“

Keine Deko in Oranje

Mit orangefarbenem Hütchen auf dem Kopf oder anderem Oranje-Fanschmuck will Göbel dann aber nicht am Kaffeetisch sitzen. Überhaupt kommt ihre Wohnung in Hattingen-Niederwenigern ganz ohne royale Dekoration aus. Kein Foto einer Juliana, einer Beatrix, nicht mal einer Máxima – für die kann sie sich nämlich begeistern. „Bei Ihnen hängt der Bundespräsident Gauck auch nicht im Wohnzimmer, oder?“, meint sie und lacht verschmitzt. Vielleicht habe diese Distanz auch damit zu tun, dass sie bereits länger in Deutschland als in den Niederlanden wohnt – darunter gut 20 Jahre in Borbeck, bevor sie nach Niederwenigern an die Essener Stadtgrenze zog.

An die Krönung Beatrix’ am 30. April 1980 kann sie sich noch gut erinnern. „Es flogen Rauchbomben, die Hausbesetzer-Szene in Amsterdam skandierte ,Ohne Wohnung keine Krönung’ und Polizisten schritten ein“, erzählt Göbel von den unschönen Szenen am Rande des Amtsantrittes. Das sei sehr traurig gewesen. Umso besser findet die 67-Jährige, dass Beatrix nun in Würde geht: bejubelt von ihren Untertanen, die sich seit der Ankündigung ihrer Abdankung im Januar Tag für Tag mehr auf das Volksfest freuten. „Sie hat dem Königshaus eine andere Richtung gegeben.

Volksnah

Ihre Mutter Juliana war volksnah, Beatrix kam eher wie eine Geschäftsfrau rüber,“, meint die 67-Jährige. „Aber sie war sehr herzlich und hat es gut gemacht.“ Die Art, wie der jeweilige Monarch regiere, müsse in die Zeit passen. Und bei Beatrix passte es, findet Lidwien Göbel.

Das Glück, Beatrix einmal auf ein „smakelijkes“ Mittagessen zu treffen, so wie es Hape Kerkeling 1991 versuchte, war ihr leider nicht beschieden. Als die niederländische Königsfamilie am 15. April 2011 auf Zollverein zu Gast war, da stand auch Lidwien Göbel mit niederländischen Freunden in der winkenden Menge. „Wir haben ,Beatrix, Beatrix’ gerufen“, sagt sie und schüttelt lachend den Kopf. „Bescheuert!“ So recht mag Göbel ihr royales Interesse nicht ausleben.

Máxima ist die Sympathieträgerin

Und wie gefällt ihr der Thronfolger? „Willem-Alexander macht einen guten, seriösen Eindruck. Die Sympathieträgerin ist aber Máxima, das kommt auch ihm zu Gute.“ Negatives oder gar Spöttisches käme der 67-Jährigen nicht über die Lippen, auch nicht bei den Fragen nach Beatrix’ modischen Vorlieben oder dem kritisierten Königslied. „Es wird ja letztendlich doch gesungen“, sagt sie.

Mitleid hat sie mit Willem-Alexander aber doch ein bisschen: „Er muss einen 25 Kilogramm schweren Hermelin-Mantel tragen. Da kann er froh sein, dass er die Krone nicht auch noch aufsetzen muss“, meint die Stadtführerin und klärt darüber auf, dass die niederländische Krönung eine Huldigung ohne religiösen Charakter sei. „Krone, Apfel und Zepter liegen neben ihm auf einem roten Kissen.“

Woher sie das wisse? Göbel druckst herum, es scheint ihr etwas peinlich zu sein: „Ich schaue samstagabends gerne die niederländische TV-Sendung ,Blaues Blut’, in der über die Adligen berichtet wird.“