Essen. . Klaus Grimm aus Altenessen und sein Weg in die digitale Welt: Wie sich alte Menschen mit dem PC anfreunden.

Klaus Grimm weiß nicht mehr weiter und macht das, was er dann immer macht: Er befiehlt „Neustarten“. Während sein Laptop hochfährt, zündet er sich eine Zigarette an. Es ist die vierte in einer Stunde. Der Bildschirm wechselt die Farbe von schwarz zu blau und zeigt seinen Benutzernamen: Alter Sack

Er tippt sein Passwort ein, wartet, verbindet seinen PC mit dem Internet und pfeift dabei, als würde er einen Hund rufen.

Klaus Grimm, 67 Jahre alt, sitzt im Fotobearbeitungskurs für Rentner, im Keller einer Seniorenwohnanlage an der Langenberger Straße in Überruhr, wie jeden Dienstag. Ein langer Weg ist das bis hierher, von seinem Zuhause im Altenessener Palmbuschweg. Seit sechs Jahren kommen alte Menschen, die keine Lust mehr aufs klassische Rentnerprogramm haben, auf Bingo und Gedächtnistraining. Computerexperte ist keiner von ihnen. Gemeinsam versuchen die Senioren, Musik in Fotopräsentationen einzubauen oder Sprechblasen auf Fotos zu setzen; jeder in seinem Tempo. Heute sind sie zu acht, alles Männer, zwei fehlen, ein 81-Jähriger ist frisch verliebt, ein anderer wegen einer Prostata-Operation nicht da.

Grimm macht sich seine nächste Zigarette an, sein weißer Schnurrbart zieht einen Rahmen ums Kinn, auf dem Bildschirm öffnet sich das Bildbearbeitungsprogramm Photoimpact. Seit eineinhalb Jahren besucht er den Kurs.

„Klaus, kommste mal?“, ruft ein Mann im blauen Hemd, der hinter ihm sitzt. Grimm rollt auf seinem Drehstuhl zu dessen Tisch und wirft einen Blick auf den Laptop. Jeder bringt seinen eigenen mit. Die alten Kisten, die sie anfangs hier stehen hatten, waren zu lahm für die Bildbearbeitung. Nun sind keine Bildschirme mehr im Keller, der aussieht wie ein Hobbyraum: Tische wie Werkbänke, ein Sammelsurium aus Stühlen, in der Ecke neben dem Drucker ein Plattenspieler, mit dem die Männer ihre Lieblingsscheiben auf CDs überspielen können. „Du musst das einfach nur noch als Jott-pee-gee-Bild abspeichern“, sagt Klaus Grimm. Er mag es nicht, wie die Männer im Kurs ihre Dateien ablegen. Keiner sortiert, ständig suchen sie Bilder.

Bei Klaus Grimm hat, wie seine Zeitung daheim, alles seinen Platz. Oberordner, Unterordner, Unterunterordner – das kann er endlos treiben. „Ordner sind das halbe Leben“, sagt er.

Seine eigene Computerstation hat er zu Hause

Es gibt PC-Fragen, die Klaus Grimm schnell lösen kann, bei einigen fummelt er Stunden – und das am liebsten zu Hause. In seiner Wohnung in Altenessen kann er sich besser konzentrieren, gemütlich auf seinem braunen Sofa sitzen. Seine Frau hätte es zwar lieber, wenn er, wie von ihr vorgesehen, im Flur rumtippt, an diesem schmalen Glastisch an der Wand, vor dem ein kleiner Hocker steht. Klaus Grimm aber baut sich seine Computerstation am liebsten im Wohnzimmer auf: den Aschenbecher, das Mauspad mit dem Superman-Papa-Logo, das er zum Vatertag geschenkt bekommen hat, die schnurlose Maus und seinen 17-Zoll-Laptop.

Wofür braucht man einen Computer, wenn man Zeitung und Fernseher hat? 

„Brauch’ ich nicht!“, war lange Klaus Grimms Antwort gewesen, wenn seine Kinder ihn fragten, ob er sich nicht einen Computer kaufen wolle. Er hatte seine Tageszeitung und den Fernseher, mehr war nicht nötig. Angst vor neuer Technik hatte er gar nicht. Schon längst war er unter die digitalen Fotografen gegangen, aber einen Computer? Er wusste einfach nicht wofür.

Die Speicherkarte seiner Kamera gab er seinem Sohn, der Klaus Grimm die besten Bilder ausdruckte. Aber das dauerte, jedes Mal. Als er ihm vor drei Jahren die Fotos aus dem gemeinsamen Mai-Urlaub nach Florida erst zu Weihnachten schenkte, stand für Klaus Grimm fest: Er wird sich einen eigenen PC kaufen.

Anfangs hatte Klaus Grimm keine Ahnung von dem Gerät. „Ich wusste nicht was ‘runterfahren heißt.“ So drückte er einfach den Power-Knopf, um seinen Laptop auszuschalten. Wieso sollte es auch bei einem Computer anders sein als bei seinem Radio? Sein Sohn klärte ihn dann auf. „Von allein kommt man da nicht drauf“, sagt Klaus Grimm. Man brauche Hilfe, wie im richtigen Leben auch.

"learning by doing"

„Kannst du mal hier zeigen, was du da fummelst?“, ruft Klaus Grimm. Er hat gerade seine Zigarette ausgedrückt und schaut nun von weitem dem Mann im karierten Hemd zu, wie er rote Pfeile mit dem Pinsel-Werkzeug auf eine Europakarte malt. Immer eine Linie machen, abspeichern, die nächste Linie zeichnen, abspeichern, erklärt er Klaus Grimm, der aufgestanden ist und verkniffen auf dessen Bildschirm starrt. Der Raum ist diesig vom Zigarettenqualm. Im Hintergrund rattert der Drucker, tactac, tactac. Wenn er die Bilder in der Präsentation dann hintereinander mache, könne er seine Reisestationen zeigen. Klaus Grimm will es zu Hause ausprobieren – aber in Ruhe.

Der Computer raubt dem Rentner zunehmend seine Zeit. Jeden Tag sitzt er mindestens eine Stunde daran, meist werden es vier. Ein Tag ohne ist für ihn schier unmöglich. „Irgendwas gibt es immer“, sagt Klaus Grimm. Post gucken, wie er das Checken seiner E-Mails nennt, Videos auf Youtube oder verpasste Fernsehsendungen anschauen. Alles ganz nach seinem Motto „learning by doing.“

Machen muss man’s, sonst komme man nicht weiter.

Senioren Computerkurs

Computerkurs für Senioren.
Computerkurs für Senioren. © WAZ FotoPool
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Wer erklärt mir den Computer?

PC-Kurse für Senioren gibt es bei diversen Anbietern, dazu gehören etwa die städtische Volkshochschule am Burgplatz 88-43100, die Arbeiterwohlfahrt 1897-0, die Katholische Erwachsenen- und Familienbildung 8132228, das Evangelische Bildungswerk 2205-264, aber auch spezielle Senioren-Computer-Vereine wie der von St. Elisabeth in Frohnhausen und private Anbieter.