Essen. . Ursel Wittke (75) engagiert sich in der Seniorenarbeit der Awo, lernt Spanisch, leitet einen Lesekreis. Ihr Rezept gegen das Altern ist die Neugier aufs Leben.

Ursel Wittke dreht mit entschuldigendem Gesichtsausdruck erstmal Roger Whittaker etwas leiser, zu dessen Musik sie gemeinsam mit ihrem Team die Kaffeetafel eingedeckt hat. Nach und nach treffen immer mehr Senioren im Awo-Zentrum an der Franziskastraße ein. Die meisten von ihnen sind verwitwet, für sie alle ist der Dienstags-Club weit mehr als ein obligatorisches Kaffeekränzchen.

Hund Kasimir hält sie fit

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„Die Menschen bekommen hier Aufmerksamkeit und können sich austauschen. Das ist mir besonders wichtig“, sagt Ursel Wittke, die sich seit sechs Jahren bei der Awo engagiert und neben dem Seniorenclub auch den Freitags-Lesekreis leitet. Die 75-Jährige lernt Spanisch und hält sich körperlich mit Kasimir fit, ihrem „mallorquinischen Senfhund“, wie Wittke gerne scherzt. „Den Hund habe ich nach meinem Ruhestand angeschafft. Der zwingt mich, bei jedem Wetter vor die Tür zu gehen“, sagt Ursel Wittke.

Die Industriekauffrau arbeitete bis zu ihrem 60. Geburtstag bei Ruhrgas. Nur Hausfrau und Mutter zu sein, kam für sie nicht in Frage. „Als mein Sohn acht und meine Tochter zwölf Jahre alt war, bin ich wieder arbeiten gegangen. Wir wollten schließlich auch in die Ferien fahren, da war der zweite Verdienst wichtig“, erinnert sich Wittke, die gerne noch länger gearbeitet hätte - was die wirtschaftliche Situation des Unternehmens aber nicht zuließ. Die Hände in den Schoß zu legen, war nie ihr Ding. Auch nach dem Tod ihres Mannes, mit dem sie 54 Jahre verheiratet war, vergrub sich die agile Seniorin im vergangenen Jahr nicht zu Hause: „Es hilft, noch gebraucht zu werden, da spielt das Alter keine Rolle“, bringt Wittke ihre Lebensphilosophie auf den Punkt. Wenngleich sie immer in sich hinein lächelt, sobald jemand in der Bahn für sie aufsteht und ihr den Platz anbietet: „Natürlich nehme ich das gerne an. Aber so richtig alt fühle ich mich eigentlich nicht“, sagt Ursel Wittke, die sich noch gut an ihre eigene Großmutter erinnert, die immer mit gestärkter schwarzer Robe, weißem Kragen und gestrenger Miene auf einem Stuhl saß und die Enkel beobachtete. „Früher hießen sie Alte, heute Senioren. Ich glaube unsere Generation ist noch neugierig auf das Leben“, sagt Wittke. Und das nimmt sie so, wie es eben kommt.

Gehirnjogging und Gymnastik

Eigentlich war sie vor sechs Jahren wegen der Seniorenwohnungen bei der Awo vorstellig geworden. Für den Fall der Pflegebedürftigkeit wollte Wittke, die im Südviertel lebt, abgesichert sein. Als sie dann gefragt wurde, ob sie nicht einen Seniorenclub leiten wolle, zögerte sie nicht lang. 20 Jahre lang hatte sie sich bereits bei der Suchthilfe in Mülheim ehrenamtlich engagiert und viele Seminare zum Umgang mit Menschen absolviert. „Das kann ich hier gut einbringen“, sagt die 75-Jährige, die sich gerne etwas Neues für die Dienstagsclubs einfallen lässt; Gehirnjogging und Gymnastik auf dem Stuhl etwa.

Angst vorm Altern hatte sie nie, sagt Ursel Wittke: „Man muss heute mit 80 Jahren nicht klapprig sein, das beweisen so viele unserer Besucher, die für mich ein echtes Vorbild sind. Wichtig ist nur, sich nie hängen zu lassen.“ Eines ihrer nächsten Projekte ist übrigens ein Computerkurs. Zwar weiß Wittke, wie man den PC bedient aber: „Ich muss doch auch wissen, wie die Technik dahinter funktioniert.“