Essen. . Viererbündnis will Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge in Jobs bringen, um die Stadtkasse zu entlasten. Jugendliche im Fokus.
„Ich bin ja nur geduldet“, diesen Satz hört Thomas Rüth vom Jugendhilfenetzwerk Nord oft von seinen Schützlingen. Ihr Aufenthalts-Status behindert die ausländischen Jugendlichen und macht ihren Alltag perspektivlos. Den Führerschein zu machen oder eine Arbeit aufzunehmen sei für sie bis auf wenige Ausnahmen nicht möglich. „Ein Arbeitgeber sagte etwa: ,Ich würde Dich gerne nehmen, aber du musst Auto fahren können.’ Länger als drei Wochen kann ich aber mit der Besetzung der Stelle nicht warten“, erzählt Rüth von dem Fall eines Jugendlichen, der vom Ausländeramt keine Genehmigung bekam, um die Fahrschule zu besuchen. Der Job war weg – und sein Schützling niedergeschlagen.
Das Viererbündnis aus CDU, Grüne, FDP und EBB will solchen Systemfehlern entgegenwirken. Die Stadtverwaltung soll ein neues Arbeitsmarktprogramm auflegen. „Integration durch Arbeit“ soll langjährig in der Stadt lebenden Asylbewerbern und Geduldeten anbieten, sich zu qualifizieren und in Jobs vermitteln zu lassen. Jugendlichen soll eine Ausbildung ermöglicht werden. Eingebracht wurde der Antrag jetzt in den Sozialausschuss, verabschiedet werden soll er in der Sitzung am 21. Mai.
Zahlreiche Asylanträge abgelehnt
Rund 3.000 geduldete Ausländer aller Generationen leben in Essen, die Mehrheit gehört zur libanesischen Community. Ihre Asylanträge wurden abgelehnt, aber abgeschoben werden sie nicht, weil das Herkunftsland nicht eindeutig geklärt werden kann oder keine Papiere mehr vorhanden sind. Finanzielle Hilfe bekommen sie von der Stadt nach Sozialgesetzbuch. Hinzu kommen Asylbewerber, die Hilfen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.
Für 2012 prognostizierte die Verwaltung 2.406 Empfänger. Die Leistungen belasten die Stadtkasse mit über13 Millionen Euro jährlich. Die Zahl der Fälle steigt, die Kosten ebenso, seitdem das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Höhe der Asylbewerber-Leistungen auf Sozialhilfe-Niveau angehoben werden muss. Höhere Mietobergrenzen für eine Unterkunft belasten das Stadtsäckel zusätzlich.
Lösung gesucht
„Wir müssen uns nicht nur mit der Problematik beschäftigen, sondern auch mit Lösungen“, sagt CDU-Ratsfrau Jutta Eckenbach. Es gehe nicht nur darum, den Haushalt der Stadt zu entlasten, sondern auch darum, den Menschen eine Perspektive zu bieten. Zunächst hat nun die Stadt die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen und auszuwählen, wer für das Programm in Frage kommt. Danach sind Fördermittel beim Bund und der Europäischen Union zu beantragen. „Wir müssen alle Ermessensspielräume nutzen“, verweist Christine Müller-Hechfellner (Grüne) auf die Bleiberechtsregelungen, die der Bund geändert habe, um den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. „Das ist ein Einstieg in eine längerfristige Geschichte“, so Eckenbach.
„Die Auflösung der Dauerduldung ist die zentrale Frage“, sagt dagegen Sozialarbeiter Thomas Rüth – doch das kann nur der Gesetzgeber, jedoch nicht die Stadt angehen.
Info: Konzept für„Integration durch Arbeit“
Das Viererbündnis schlägt vor, sich für das Konzept am bisherigen „XENOS-Projekt“ des Bundesarbeitsministeriums zu orientieren, das „Aufenthalt durch Arbeit“ ermöglicht. In Essen sind bisher die „Neue Arbeit der Diakonie“ und die Jugendhilfe Träger, es läuft Ende des Jahres aus. Daran wolle man anknüpfen und es um weitere Träger ergänzen.