Essen. Ob Hilfe bei der Kinderbetreuung, Pflege oder Krankheit: Der Essener Apothekengroßhändler Noweda unterbreitet seinen Mitarbeitern seit kurzem ein umfangreiches Beratungsangebot. Außerdem bewirbt sich das Unternehmen um ein familienfreundliches Zertifikat.
„Familie ist Privatsache - die Denke , die vielleicht vor 20 Jahren noch herrschte, gilt heute nicht mehr“, sagt Andreas Kock. Kock ist Personalleiter beim Apothekengroßhändler Noweda. Er weiß, dass Mitarbeiter ihre Probleme im Privatleben auch in den Arbeitsalltag tragen: Ob es Nöte bei der Kinderbetreuung sind oder die schwierige Organisation der Pflege von Angehörigen, ob es Zwangspfändungen oder Suchtprobleme sind. Das Interesse der Unternehmen am Wohl und Wehe der Mitarbeiter könne längst nicht mehr am Werkstor enden, meint Kock.
Familienfreundlichkeit, wie sie der Personal-Manager umschreibt, ist zwar zum Modewort in der Wirtschaft geworden. Doch für Firmen wie Noweda verbergen sich dahinter ganz klar wirtschaftliche Interessen. Es geht darum, Mitarbeiter zu werben und langfristig zu binden. Und es geht in Zeiten längerer Lebensarbeitszeit auch um die Gesunderhaltung der Arbeitskraft.
Neues Angebot organisiert
Noweda hat deshalb vor acht Monaten für seine Mitarbeiter ein neues Angebot organisiert, das die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern soll. Dafür gründete das Unternehmen eigens eine Familiengenossenschaft, die mit einem externen Dienstleister zusammenarbeitet. Von ihm sollen die 2000 Noweda-Mitarbeiter vielschichtige Beratungs-Hilfe bekommen. Das kann die Suche nach einem geeigneten Kita-Platz oder einem Babysitter sein, nach Pflegepersonal, einer Ferienbetreuung oder nach einem Therapieplatz bei psychischen Problemen. Die Beratung ist für den Mitarbeiter kostenlos und vor allem anonym, so Kock. Die Beratung- und Vermittlungskosten übernimmt Noweda. „Geld, das nachhaltig gut angelegt ist“, ist er überzeugt.
Mit dieser Form der familiären Hilfe zur Selbsthilfe ist Noweda „schon sehr weit vorn“, sagt Personalexpertin Dagmar Klinge-Hagenauer, die schon seit vielen Jahren Unternehmen auf ihre Familienfreundlichkeit hin überprüft und zertifiziert. Noweda bewirbt sich derzeit auch um das Zertifikat „Familienfreundliches Essener Unternehmen“ und arbeitet dabei mit Klinge-Hagenauer zusammen.
39 Mitarbeiter haben Angebot bisher genutzt
Bislang haben 39 Noweda-Mitarbeiter das Beratungsangebot seit dem Start genutzt. Das klingt nicht viel. Doch Kock ist zufrieden. „Vieles muss sich erst herumsprechen, und wir müssen es wieder und wieder kommunizieren.“ Im März wird es zudem die ersten anonymen Ergebnisse darüber geben, ob die Mitarbeiter mit den Beratungen und Vermittlungen zufrieden waren. „Das ist die spannende Frage“, so Kock. Dagmar Klinge-Hagenauer weiß aus ihrer Praxis: Für viele Firmen beschränkt sich Familienfreundlichkeit auf das Thema Kinderbetreuung. Doch die Bandbreite sei deutlich größer, wie das Beispiel Noweda zeige.