Essen. . Mehr Polizei in die Stadtteile statt in die Stadien: Das fordern Einbruchsopfer, die sich allein gelassen und hilflos fühlen. Täter, die in ihr Zuhause eingedrungen sind, werden nur selten geschnappt.
Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist im Vorjahr gestiegen: um knapp vier Prozent auf 1866. Aufgeklärt werden davon nur etwa elf Prozent. So erhielt auch Familie Spiekmann* kürzlich die Nachricht: Verfahren eingestellt. Bei ihnen ist kurz vor Weihnachten eingebrochen worden, der Wert der Beute lag deutlich im fünfstelligen Bereich, Versicherungen ersetzen nur einen Bruchteil. Bis heute spüren sie die Hilflosigkeit und Enttäuschung darüber, „dass die, die uns beschützen sollen, das offenbar nicht können“.
Seit Jahren fordert die Gewerkschaft der Polizei mehr Personal. „Mangelverwaltung“, nennt Heiko Müller, Vorsitzender der Kreisgruppe Essen/Mülheim, den Zustand. Immerhin werden bis 2020 allein für Essen und Mülheim 87 Kollegen fehlen. Daher kann es vorkommen, dass es bei denen, die im Einsatz sind „zu Frustrationen kommt, wenn sie an ihre Grenzen stoßen“.
Langes Warten auf Eintreffen der Polizei
Einbruchs-Opfer berichten auch, dass sie stundenlang auf die Polizei warten mussten. „Ist der Einbrecher noch da“, wurde ein Bürger am Telefon gefragt. Er schüttelt den Kopf: „Sollte ich etwa nachsehen, ob der Täter noch im Haus ist?“ Familie Spiekmann hingegen konfrontierte die Polizei immer wieder mit der Frage: „Was tut die Polizei denn jetzt, damit wir nicht pausenlos in Angst leben?“ Die Antworten sind unbefriedigend: Unterbesetzung, hörten sie mehrmals. Die Opfer haben aber viel eher den Eindruck falscher Personalverteilung. Einsatzkräfte würden etwa in die Fußballstadien geschickt, „während der Bürger keinen Schutz mehr erhält“. Das macht viele zornig, wissen die Spiekmanns. Sie sind in ihrer Straße nicht die einzigen Einbruchs-Opfer.
„Die Bekämpfung der Einbrüche ist eines unserer wichtigsten Ziele“, hält Polizei-Sprecherin Tanja Hagelüken dagegen. So gebe es seit 2009 zusätzlich zu den 25 Beamten vom Einbruchskommissariat einen Einsatztrupp in Zivil, der die Wohnungseinbruchskriminalität in Essen und Mülheim mit acht Kräften bekämpft. „Wir müssen mit den Ressourcen leben, die wir zur Verfügung haben“, sagt sie. Und: „Es hilft nicht, wenn wir 50 Beamte zusätzlich an die Straßenecken stellen.“ Effektiver wäre es, meint Hagelüken, wenn die Nachbarn sofort die Polizei rufen, sobald sie jemanden Verdächtigen beobachten.
Hohe Verluste
Dass diese Situation auch manchen Polizeibeamten unzufrieden macht, haben Spiekmanns von einigen erfahren: „Manche gaben den Hinweis, wir sollen uns an die Politik wenden.“ Die Familie hat inzwischen ihre Fenster verstärkt abgesichert, obwohl die bereits zuvor erhöhten Einbruchschutz hatten und abschließbar waren. Sie haben einen Tresor einbauen lassen. Allein ihr ungutes Gefühl nimmt es ihnen nicht: „Der Zustand ist bedrückend.“ Was die Einbrecher betrifft: „Von denen braucht ja keiner zu fürchten, dass er ertappt oder überführt wird.“ Die Furcht der Opfer hingegen bleibt.
„Es hätte uns geholfen, wenn der Einbrecher geschnappt worden wäre“, sagen Einbruchs-Opfer übereinstimmend. Weil da jemand ist, der bei ihnen zu Hause eingedrungen ist. Der sich auskennt und vielleicht wiederkommt. Und: „Weil der bestraft werden muss.“ Immerhin bleiben die Opfer trotz Versicherung oft auf hohen Verlusten sitzen.
„Veränderte Täterschaft erschwert Ermittlungen“
Was die Ermittlungsarbeit heute erschwert, ist laut Polizei die „veränderte Täterschaft“. Sie hinterlassen weniger Spuren („weil sie Handschuhe tragen“) und sind oft nicht ortsansässig. So nahm die Polizei am vergangenen Wochenende eine Diebesbande hoch, darunter zwei Georgier.
Ohne Details nennen zu wollen, gehe die Polizei nun auf die Täter bezogen anders vor: Täter-orientiert arbeiten, nennen sie es. Weil die Einbrecher sich auf die Polizei einstellen, drehen die Beamten den Spieß auch um. So observieren sie nun zum Beispiel, wo die Täter die Einbrüche begehen. Vielleicht ein Funken Hoffnung für die Opfer.