Essen. . Trickdiebstahl, Raub oder Betrug: Die Fälle, in denen Ältere betroffen sind, haben zugenommen. Nun gehen die Täter sogar so weit, dass sie älteren Damen den Ohrschmuck entreißen. Und es sind wieder auffallend viele “Wasserwerker“ unterwegs.
Tatort Frohnhausen am vergangenen Dienstagnachmittag: Eine ältere Dame betritt einen Discounter. Im Eingangsbereich rempelt sie plötzlich von hinten ein unbekannter Mann an, während er ihr gleichzeitig den Ohrschmuck abzieht. Er flüchtet zu Fuß. Andere Zeit, gleiche Tat: Bereits am Montag wurde eine 88-Jährige zum Opfer. Die Dame stand an einer Bushaltestelle an der Kerckhoffstraße, als ein Mann sie hinterrücks und brutal auf den Gehweg stieß. Als die Frau auf dem Boden lag, riss der Angreifer ihr ihre Ohrringe ab. Dabei wurde die Frau verletzt.
„Die Indizien sprechen dafür, dass es sich um den selben Täter handelt“, sagt Polizeisprecher Peter Elke über die räumliche und zeitliche Nähe der beiden Vorfälle. Weitere Beispiele gibt es zuhauf. Ob Schmuckraub, Trickdiebstahl oder Betrug an der Haustür – fast kein Tag vergeht, an dem die Polizei nicht von neuen Delikten gegen Senioren berichtet. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, eine Auswahl von Fällen. „Es nimmt zu“, sagt Elke angesichts der Fallzahlen. Sorgen macht den Ordnungshütern auch die zunehmende Brutalität, die die Täter an den Tag legen, nicht nur bei Raubdelikten.
Wasserwerker-Masche wieder hoch im Kurs
Eine weitere Masche ist derzeit wieder hoch im Kurs: 21 Mal wurden Senioren zwischen Borbeck und Burgaltendorf zuletzt Opfer von falschen Wasserwerkern, zuletzt eine 86-Jährige Altenessenerin. Die Täter verschafften sich Zugang zur Wohnung und erleichterten die älteren Mitbürger – allein oder mit Hilfe von Komplizen – um Bargeld oder Wertgegenstände. „Fakt ist: Wir haben eine leichte Steigerung der Fälle“, betont Peter Elke. Statistisch lässt sich dies aber nicht eindeutig belegen, weil die Polizei vor Ort die Straftaten nicht nach Opfergruppen spezifiziert und sich Delikte nicht immer eindeutig zuordnen lassen.
Im Jahr 2011 zählte die Kriminalstatistik des Landes NRW 1074 Senioren als Opfer, so Polizeisprecherin Tanja Hagelüken. In Essen konnten im selben Jahr 331 Fälle eindeutig als gegen Senioren gerichtet identifiziert werden. Die Essener Kriminalstatistik für 2012 wird zwar erst übernächste Woche vorgestellt, aber auch dort sei die Tendenz, was solche Fälle betrifft, steigend. Betroffen sind alle Stadtteile: „Sie sind weder in Kettwig noch in Karnap davor gefeit“, sagt Peter Elke.
Täter kommen häufig ungeschoren davon
So vielseitig die Maschen der Kriminellen sind, so vielseitig sind auch die Täterpersönlichkeiten. „Es gibt nicht den einen Täter aus dem bestimmten Milieu“, erklärt der Polizeisprecher. Es sind Deutsche, Menschen mit Migrationshintergrund sowie reisende Gruppen, die von einem auf den anderen Tag an einem anderen Ort in der gesamten Republik zuschlagen. Was sie zu ihren Taten treibt, ist Beschaffungskriminalität ebenso wie Kalkül. Sie treffen auf ältere, hilflose Bürger, die gutgläubig ihren Peinigern die Türen öffnen.
Bei der Polizei weiß man um die Erwartungen, die an die Ordnungshüter gerichtet werden. Doch auch deren Möglichkeiten sind begrenzt. „Es ist sehr schwierig, den Tätern beizukommen“, sagt Peter Elke.