Essen. Die Essener ESW-Beschäftigte protestieren am Dienstag in Jena gegen die geplante Schließung ihres Werkes. Jenoptik will die Produktion noch dieses Jahr nach Wedel bei Hamburg verlagern. Über 70 Arbeitsplätze wären davon in Essen betroffen.

Die 73 Beschäftigten der ESW GmbH in Essen sind seit Mitte Dezember vergangenen Jahres in Aufruhr. Wenige Tage vor Weihnachten hatten sie erfahren, dass der Mutterkonzern Jenoptik die Produktion an der Bamlerstraße komplett nach Wedel bei Hamburg verlagern will. Der Standort Essen würde somit noch in diesem Jahr geschlossen. ESW fertigt in Essen elektrische Komponenten für die Rüstungsindustrie.

Laut Betriebsrat ist momentan jedoch kein Mitarbeiter bereit, nach Wedel zu wechseln. Stattdessen wollen die Essener ihren Standort nicht kampflos aufgeben. Am Dienstag ging es deshalb mit dem Bus nach Jena - als mobile Betriebsversammlung.

Im dortigen Volkshaus begrüßten die Jenoptik-Manager zum Neujahrsempfang am Abend ihre Kunden. Eine willkommene Bühne für die 67 angereisten Essener ESW-Mitarbeiter und die IG Metall, um vor der Tür auf die geplante Schließung des Werkes aufmerksam zu machen. Dabei erhielten sie Unterstützung von Kollegen anderer Werke sowie der örtlichen IG Metall. Aus Protest sagte auch der Konzernbetriebsrat die Einladung zum Jahresempfang ab.

"Bestes Geschäftsjahr der jüngere Unternehmensgeschichte"

Pünktlich am Tag des Neujahrsempfangs hatte Jenoptik auch die vorläufigen Geschäftszahlen 2012 bekannt gegeben. Überschrieben mit der Zeile: „Jenoptik schließt erneut bestes Geschäftsjahr der jüngeren Unternehmensgeschichte ab“ vermeldete der Thüringer Technologiekonzern ein um zehn Prozent gestiegenes Konzern-Betriebsergebnis von 54 Millionen Euro. Ein Fakt, der die Essener Mitarbeiter noch mehr in Rage versetzte.

Jenoptik will die Standorte der Sparte Energietechnik zusammenlegen, um „die Ertragskraft weiter zu stärken und Synergiepotenziale noch besser zu nutzen“, wie es in der Mitteilung heißt. Ein Argument, das die Essener IG Metall und der Betriebsrat nicht nachvollziehen können. Sie sagen: Wenn die Produktion hier abgezogen wird, droht der Verlust des gesamten Geschäftszweiges. Denn die Arbeit sei derart spezialisiert, dass sie nicht einfach von den Kollegen in Wedel übernommen werden könne. Außerdem, so die IG Metall, habe der Standort Essen in der Vergangenheit schwarze Zahlen geschrieben.

Moralisch zu diskutieren

Noch Ende November 2012 hatte die Geschäftsleitung bei einer Betriebsrätekonferenz erklärt, dass zur Zeit keinerlei Änderungen für den Standort Essen geplant seien. Jenoptik war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Laut IG-Metall-Sekretär Holger Neumann hatte Jenoptik im Krisenjahr 2009 vom Land NRW eine Bürgschaftszusage erhalten. Zwar habe der Konzern diese nicht abgerufen, „aber man kann die nun geplante Schließung unter diesem Gesichtspunkt auch moralisch diskutieren“.