Essen. Das Resümee der Essener Feuerwehr zur Silvesternacht ist alarmierend: Die Retter der Feuerwehr und ihre Fahrzeuge wurden gezielt mit Feuerwerkskörpern beworfen. Der Leiter der Essener Feuerwehr sieht eine Verrohung der Gesellschaft. Doch er warnt auch vor Aktionismus und medialer Aufbauschung.

Dass die Silvesternacht seit jeher für die örtliche Feuerwehr eine besondere Einsatzzeit ist, das weiß Ulrich Bogdahn. „Schon vor rund 20 Jahren war das eine Spießrutenfahrt für Rettungs- und Löschfahrzeuge inmitten von feiernden, Knaller werfenden Menschen“, erinnert sich der Leiter der Essener Feuerwehr an seine Zeit als Wachabteilungsleiter. Die Pyrotechnik-Freunde nahmen die Helfer damals nicht absichtlich ins Visier.

Was seine Mitarbeiter nun aber zum Jahreswechsel 2012/2013 erlebten, dürfte auch er als eine neue Qualität empfinden: Laut Neujahrs-Resümee der Essener Wehr wurden Fahrzeuge und Einsatzkräfte gezielt mit Feuerwerkskörpern beworfen und sie so in ihrer Rettungsarbeit behindert. Ein Feuerwehrmann etwa, der von einer Drehleiter aus einen Zimmerbrand bekämpfte, wäre beinahe bei einer Raketen-Attacke getroffen worden.

"Ich sehe leider eine Verrohung der Gesellschaft"

„Ich sehe leider eine Verrohung der Gesellschaft“, meint Ulrich Bogdahn. Mangelnde Wertschätzung gegenüber seinen Mitarbeitern sieht er nicht als Ursache, sondern: „Der Respekt vor der Aufgabe, die wir leisten, ist extrem gesunken.“ In solchen Fällen müsse sich der verantwortliche Einsatzleiter Gedanken machen, auch mit der möglichen Folge, die Arbeit angesichts der Gefahr zu unterbrechen. „Wir werden dann den Rückzug antreten“, sagt Bogdahn, warnt aber zugleich vor Aktionismus und medialer Aufbauschung: „Ich will aus einer Fliege keinen Elefanten machen.“

Man müsse sich auf veränderte Verhältnisse einstellen und umsichtig sein. Dazu gehöre, dass solche Vorfälle auch in der Einsatznachbesprechung thematisiert werden. In der Regel sei die Polizei bei den Einsätzen der Feuerwehr vor Ort, nur könnten die Beamten nicht während der Rettungsarbeit noch nach dem Täter suchen und Ermittlungen in einer Menschenmenge beginnen.

„Wir sind immer noch Helfer“, beschreibt der Feuerwehr-Chef seine Auffassung – trotz der Aggressivität, die den Rettern mancherorts entgegenschlägt. Emotional gehe das jedoch weder an den Kollegen noch an ihm vorbei: „Das ist für mich traurig, wenn so etwas passiert.“