Essen. . Thailand lieferte mutmaßlichen Aldi-Erpresser aus. Essener Ermittler waren bei Festnahme vor Ort.
Vom exotischen Badeort in die karge U-Haft: Ein 61-jähriger Österreicher, der Anfang Juni aus seiner thailändischen Wahlheimat Pattaya versucht haben soll, die Discounter-Kette Aldi per E-Mail um 15 Millionen Euro zu erpressen, ist am Donnerstag von den thailändischen Behörden übergeben worden und gestern in Deutschland angekommen. Er wurde noch am Vormittag dem Haftrichter in Mülheim vorgeführt.
Für die Essener Polizei ist der aktuelle Fall ein Novum: Drei Beamte, inklusive Michael Weskamp (57), Leiter der Ermittlungskommission, arbeiteten zusammen mit ihren ausländischen Kollegen. Für die Verhaftung und Durchsuchung der Geschäftsräume reisten sie für knapp eine Woche in das asiatische Land. Dabei trotzten sie den diplomatischen Barrieren, denn zwischen beiden Ländern gibt es kein Rechtshilfeabkommen, der Festgenommene ist obendrein Bürger eines anderen Staates – eine komplizierte Dreiecksgeschichte. Übliches Verfahren in Thailand war bislang, unerwünschte Ausländer zu verhaften und in ihre Heimatländer abzuschieben.
Essener Ermittler bei Festnahme vor Ort
„Der Mann fühlte sich sicher vor der deutschen Strafverfolgung“, berichtet Weskamp. Dass er nun belangt wird, sei der guten Zusammenarbeit mit Vertretern vor Ort und der Bundeskriminalämter in Berlin und Wien zu verdanken. Ruhig und problemlos sei auch die Verhaftung des 61-Jährigen am 13. November in Pattaya verlaufen. Peter N. soll aus Salzburg stammen. In seiner Wahlheimat fungierte er als Eigentümer und Herausgeber des deutschsprachigen Internet-Magazin „ThaiFokus.com“.
Warum der Mann sich ausgerechnet den großen Lebensmittel-Händler für seinen Erpressungsversuch ausgesucht hatte und angeblich mit vergifteten Lebensmitteln drohte, dazu wollte die Essener Polizei aus Rücksicht auf das laufende Verfahren keine Auskunft geben. Ebenso wenig dazu, in welcher Form und wie oft der 61-Jährige an die Konzernführung herangetreten war und was er zur Durchsetzung seiner Forderung gegen Aldi plante.
Laut Polizeiangaben soll Peter N. in Österreich zumindest wegen kleinerer Betrugsdelikte aktenkundig gewesen sein. „Er ist kein unbeschriebenes Blatt“, so Michael Weskamp. Nachdem die Spuren zu dem 61-Jährigen führten, nahm man im Juni Kontakt zu den thailändischen Kollegen auf.
Firmen präventiv beraten
Die Besonderheit habe darin bestanden, dass man zwar einen internationalen Haftbefehl hatte, diesen aber nicht so schnell umsetzen konnte. Obwohl der mutmaßliche Erpresser bereits Mitte November festgenommen worden war, erfolgte die Übergabe an die deutschen Behörden vor Ort erst am Donnerstag. „Es gab eine 30-tägige Sperrfrist“, so Weskamp, damit die thailändischen Kollegen überprüfen konnten, ob weitere Anzeigen gegen den Mann vorliegen.
Die für das Verfahren zuständige Duisburger Staatsanwaltschaft bestätigte, dass der Beschuldigte gestern bereits dem Haftrichter vorgeführt wurde und sich nun in Untersuchungshaft in einer Justizvollzugsanstalt befindet. Wo genau, wurde nicht bekannt. „Ihm wird jetzt Gelegenheit gegeben, sich zu äußern“, erklärte Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch.
Hintergrund und Motiv seien noch unklar, sagt auch die Polizei; der Mann habe bisher eine eigene Version der Geschichte präsentiert, in Teilen räume er die Tat jedoch ein. Wichtig für die Essener Polizei ist vor allem: „Der Mann hat nie Geld bekommen.“ Bei der Erpressung handele es sich nicht um ein Kavaliersdelikt, warnt die Essener Polizei vor Verharmlosung. Zuletzt hätten Erpressungsversuche gegenüber großen Firmen zugenommen. Man betreue und berate Unternehmen präventiv und warte nicht, bis „das Kind in den Brunnen gefallen ist“.