Dorsten/Essen. . Die Eiseskälte in ihren Gesichtern fehlt, aber auch der lässige Glamour von Top-Verbrechern ist nicht zu erkennen. Die Klischees einer knallhart international operierenden Drogenbande treffen auf die sechs Angeklagten nicht zu, die sich seit Freitag wegen Drogenhandels im großen Stil vor dem Essener Landgericht verantworten müssen. Bieder sieht sie aus, die Dorsten-Connection.
Kopf der mutmaßlichen Bande von Drogendealern, die sich vor dem Landgericht Essen verantworten müssen, ist aus Sicht von Staatsanwalt Peter Gehring der seit Jahren in Dorsten lebende Spanier Hitos J. (44). Ein nicht gerade schlanker Mann, der in seiner Heimat als Klempner gearbeitet hat. In Dorsten schlug er sich gelegentlich als Kurierfahrer durch, bezog als Arbeitsloser aber auch öffentliche Gelder.
Verheiratet mit einer Kolumbianerin soll der Arbeitslose verwandtschaftliche Kontakte nach Spanien und Südamerika genutzt haben, um Rauschgift von Spanien nach Dorsten zu schmuggeln. Von August 2011 bis zum 21. Juni 2012 brachte er laut Anklage 30 Kilogramm Kokain und 40 Kilogramm Marihuana nach Deutschland. Finanziell dürfte es sich gelohnt haben. Bei Marihuana betrug die Gewinnspanne pro Kilogramm 2200 Euro, bei Kokain sogar 10.000 Euro. Der Spaß am Geld hielt sich aber in Grenzen, weil er große Teile seines Gewinnes nach Spanien und Kolumbien an die Verwandtschaft überwies.
Hitos J., der ausweislich seiner Vorstrafen schon länger mit Drogen handelt, arbeitete professionell. In einer spanischen Werkstatt, so die Anklage, ließ er seinen VW Passat umbauen. Für 4000 Euro baute ein Mechaniker Verstecke in die Längsholme des Autos ein. Dort passten Plastikbeutel mit den eingeschweißten Drogen hinein, die er parfümierte, um Drogenhunde in die Irre zu führen.
Stoff kam über Frankreich nach Dorsten
Über Frankreich kam der Stoff nach Dorsten, ging von dort weiter an Abnehmer in der Stadt, aber selbst ein Kunde in der Schweiz wurde beliefert. Zum Verhängnis wurde Hitos J., dass die Polizei V-Männer auf ihn ansetzte. „Carlos“ und „Klaus Grafschmidt“ erkundigten sich, ob er auch Kokain liefern könne. Hitos J. soll schnell seine kolumbianischen Lieferanten gefragt und das Geschäft zugesagt haben. 20 Kilo für 780.000 Euro bestellten die V-Leute. Als das Kokain geliefert wurde, kam es am 21. Juni zur filmreifen Festnahme. Auf dem Parkplatz einer Raststätte in Wesel zeigte „Klaus Grafschmidt“, dass er in einem Koffer ausreichend Geld dabei habe: 780.000 Euro. Telefonisch bekamen dies die Kolumbianer in Den Haag mitgeteilt, die daraufhin den Wagen von „Carlos“ mit dem Kokain beluden. Das war das Signal: Zeitgleich klickten in Wesel und Den Haag die Handschellen zu.
Vor der VII. Strafkammer wird am Freitag nur die Anklage verlesen. In einem Rechtsgespräch loteten die Prozessbeteiligten anschließend aus, welche Strafe zu erwarten ist. Erst dann wollen die Angeklagten entscheiden, ob sie aussagen werden. Zwei von ihnen haben ihre Taten aber schon bei der Polizei gestanden.