Essen. Die Menschen in Essen bekommen zu spüren, dass die Personaldecke vorn und hinten nicht mehr reicht, sagt die Polizeigewerkschaft GdP und fordert mehr Neueinstellungen. Polizeisprecher Ulrich Faßbender hält dagegen: Die Einsatzreaktionszeiten seien seit 2008 praktisch gleich geblieben.

Blechschaden an der Schederhofstraße in Essen: 35 Minuten warten die Unfallbeteiligten auf die Unfallaufnahme durch den Streifenwagen. Einbruch im Essener Südviertel: Drei Stunden wartet das Einbruchsopfer auf die Spurensicherung. Zwei Momentaufnahmen zeigen: Es kann in diesen Tagen mit hohen Einsatzzahlen dauern, bis die Polizei kommt. Für die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist das ein Beleg für ihre These, dass die Personaldecke im Präsidium vorn und hinten zu kurz geworden ist. „Im Vergleich mit anderen Behörden liegen wir weit vorne bei den Einsatzzeiten“, sagt dagegen Polizeisprecher Ulrich Faßbender.

Diese beiden Aussagen müssen sich nicht widersprechen. Auch die Polizeigewerkschaft weiß: „Wenn Not am Mann ist, sind die Kollegen blitzschnell am Einsatzort“, sagt Heiko Müller, Polizei-Personalrat und Vorsitzender der Kreisgruppe Essen der GdP. Jeder Anruf über den Notruf 110 wird „priorisiert“, sagt Ulrich Faßbender. Im Klartext: Die Einsätze werden nach Dringlichkeit gestaffelt. Bei einem Unfall heißen die ersten Fragen: Sind Menschen verletzt? Wird ein Verkehrsknotenpunkt blockiert? Heißt die Antwort in beiden Fällen nein, kommt der Einsatz „auf die Liste“. Das heißt: Er wird erst ausgeführt, sobald eine Streifenwagenbesatzung die dringlicheren Einsätze abgearbeitet hat.

Wenn die Spur kalt ist, kann es dauern

Ähnlich wird die Dringlichkeit bei Einbruchsmeldungen bewertet. Faßbender: „Wenn ein Bürger aus dem Urlaub nach Hause kommt, einen Einbruch entdeckt und die Täter erkennbar schon lange weg sind, gehen die Kollegen in der Leitstelle damit anders um als mit einem Anruf: Ich sehe hier zwei dunkle Gestalten mit Wollmütze auf der Terrasse vom Nachbarn herumschleichen.“ Wenn dagegen die Spur kalt ist, wartet das Einbruchsopfer auch mal Stunden in der ausgeräumten Wohnung auf die Spurensicherung.

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An einem zweiten Beispiel macht die GdP ihre Forderung fest, landesweit müssten schnellstens 1700 statt wie bisher 1400 Polizisten jährlich neu eingestellt werden. Der so genannte Alarmzug ist die letzte Reserve der Polizei. Sie wird gebildet, wenn die in Essen-Kettwig stationierte Einsatzhundertschaft bei Fußball- oder Demonstrationseinsätzen irgendwo im Land gebunden sind.

Zu diesem Zweck werden rund 30 Beamte zusammen gezogen. Die fehlen dann im Streifendienst. „Das war früher eine absolute Ausnahme“, sagen Müller und sein GdP-Kollege Axel Neubauer. „Heute dagegen wird der Alarmzug mit schöner Regelmäßigkeit gebildet: Auch ein Beleg dafür, dass das Personal nicht mehr reicht.“ Dagegen hält Faßbender eine Statistik: „Die Einsatzreaktionszeiten sind seit 2008 praktisch gleich geblieben.“

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