Essen. Der Allbau finanziert der Beratungsstelle eine Werbekampagne, damit künftig jeder weiß, wo er im Ernstfall Hilfe bekommt.

Peter Renzel hat ein Problem, er weiß einfach nicht mehr weiter. Geschwind greift Essens Sozial- und Jugenddezernent zum Mobiltelefon und wählt die Ziffern 40 38 40. „Suchtnotruf Essen, guten Tag“, heißt es am anderen Ende der Leitung. Renzel wird unkompliziert geholfen, hatte er doch glatt vergessen, wo die Pressekonferenz des Suchtnotruf Essen stattfindet. Doch nicht immer sind es rat- und hilfesuchende Dezernenten, die sich bei dem Verein mit Sitz auf dem Gelände der Suchthilfe-Fachklinik „Die Fähre“ in Heidhausen melden.

„Rund 60 Prozent der Anrufer sind Familienangehörige und Freunde von Suchtkranken, die übrigen sind oft die Betroffenen selbst“, sagt ein Helfer, der als einer von mehr als 20 Ehrenamtlichen für den 1990 gegründeten Verein tätig ist. Genau so wie eine Sucht keine Pause macht, sind die Helfer rund um die Uhr telefonisch zu erreichen und das 365 Tage im Jahr. „Wir ar­beiten im Dreischichtbetrieb und helfen immer dann, wenn Hilfe notwendig ist“, sagt Sozialar­beiterin Nicolin Vook-Chaban, die den Suchtnotruf leitet. Und sich über eine großzügige Spende des Allbaus freut.

Ein neues Logo für den Suchtnotruf

Pünktlich zum Jahreswechsel ermöglicht die Stadttochter dem Suchtnotruf eine Werbekampagne im Wert von 7500 Euro. Neben einer neuen Internetseite, Handzetteln, Plakaten, Visitenkarten, Briefpapier und Aufklebern hat die Essener BJS Werbeagentur von Michael Jochim und Peter Schlamann „für einen guten Kurs“, wie Renzel betont, auch ein neues Logo für den Suchtnotruf erstellt. Renzel hat die Partner zusammengebracht. „Es ist unser gemeinsames Ziel, dass Suchterkrankungen möglichst gar nicht erst entstehen. Daher ist es wichtig, besonders Kinder und junge Erwachsene frühzeitig mit präventiven Maßnahmen zu erreichen – in Schulen, Jugendeinrichtungen und Ausbildungsstätten“, betont Allbau-Chef Dirk Miklikowski. In vielen Bereichen würden die Aktivitäten des Vereins, um Drogen- und Suchtmittelkonsums zu verringern, Wirkung zeigen.

„Allerdings gibt es immer noch viele Menschen und Gruppen, auch mit sehr hohem oder riskantem Konsum, die unsere Einrichtung nicht kennen und besser erreicht werden müssen“, sagt Nicolin Vook-Chaban. Oft besuchen Schulklassen aus der gesamten Stadt die Einrichtung und kommen mit Suchtkranken ins Gespräch. „Die Betroffenen erzählen, wie sie süchtig wurden und wie schwierig es ist, gegen die Sucht anzukämpfen“, erzählt der diensthabende Helfer, der früher selbst Probleme mit Alkohol und Medikamenten hatte. „Süchtige wachsen nicht mit der Flasche am Bahnhof auf. Eine Sucht kann jeden treffen“, macht Nicolin Vook-Chaban den Schülern immer wieder klar.

Bei den 2500 bis 3000 Angehörigen und Betroffenen, die jedes Jahr anrufen, steht Alkohol als Suchtmittel immer noch im Mittelpunkt. Die Werbekampagne, die kommendes Jahr erst richtig los geht, soll dafür sorgen, dass künftig jeder weiß, an wen er sich wenden kann, wenn er Hilfe braucht – getreu dem Motto „100 Prozent Anonymität und 0 Prozent Risiko“.

Mitmachen und helfen

Seit 22 Jahren ist der Notruf, der aus der Suchthilfeeinrichtung „Die Fähre“ entstand, aktiv – und sucht neue ehrenamtliche Mitarbeiter. Am Anfang steht eine dreimonatige Schulung zum ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfer. Nicolin Vook-Chaban vermittelt ihnen in Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten das nötige Hintergrundwissen über Suchtkrankheiten und Suchtkranke. Außerdem besuchen die künftigen Helfer Kliniken, Therapieeinrichtungen sowie Beratungsstellen, um Einblicke in das Suchthilfesystem zu erhalten, in das sie Anrufer in Zukunft vermitteln können, wenn diese es wünschen. Auch wer früher abhängig war, ist heute gerne gesehen beim Suchtnotruf. „Denn er kennt sich aus“, betont Nicolin Vook-Chaban. Weitere Informationen bekommen Interessierte unter 40 94 70 und im Internet: www.suchtnotruf-essen.com