Essen. Vor allem die Grünen treibt die Sorge um, ob der gesetzte Rahmen von 123 Millionen Euro ausreicht
Wer Dinge verlangt, die eigentlich selbstverständlich sind, setzt damit ein Signal: dass er nämlich kein großes Vertrauen hat. So ist wohl ein Antrag von CDU, Grünen, FDP und Bürgerbündnis zum Thema Neubau der Messe zu verstehen, in dem für die Januar-Sitzung des Rates explizit gefordert wird, alle finanziellen Vorgaben „unbedingt einzuhalten“. Diese Bekräftigung ist Ausdruck einer wachsende Nervosität unter Politikern, ob die insgesamt zur Verfügung stehenden 123 Millionen Euro netto (die Mehrwertsteuer kommt also noch drauf) tatsächlich ausreichen, um die ambitionierten Pläne zu realisieren.
Eine schon länger diskutierte Einschränkung will das Viererbündnis in dem Antrag vorsorglich festlegen: „Die Planungen für ein eigenes Messe-Verwaltungsgebäude werden zurückgestellt“, heißt es recht unmissverständlich. Für die Vorsitzende der Grünen-Ratsfraktion, Hiltrud Schmutzler-Jäger, ist damit auch „die Option“ verbunden, „das Messehaus Ost erst einmal stehen zu lassen“.
Neues, gefeiertes Erscheinungsbild
Grund: Im erst Mitte der 1980er Jahre erbauten Messehaus Ost befindet sich neben dem Kongresszentrum auch ein großer Teil der Büros für die Messe-Verwaltung. Das neue, viel gefeierte Erscheinungsbild der Messe zur Stadt hin, wie es der vor einigen Wochen beendete Architektenwettbewerb ergab, wäre bei einem Nicht-Abriss allerdings unmöglich.
Die Grünen hegen den Argwohn, dass Messechef Frank Thorwirth und der für den Neubau zuständige Generalbevollmächtigte Roland Weiss zu sehr nach dem Motto „Augen zu und durch“ verfahren und der jüngste Auftritt der beiden in der Fraktion habe die Sorgen nicht entkräftet, so Schmutzler-Jäger. Dort hieß es seitens der Messe, man bewege sich derzeit noch in einem Kostenrahmen von „plus/minus 20 Prozent“.
Prekäre finanzielle Zukunftsaussichten
Für eine Stadt mit dem engen Finanzkorsett Essens und den prekären finanziellen Zukunftsaussichten sei soviel Unsicherheit schwer erträglich. „Ich erwarte schon aus Gründen der Vorsorge, auch einen Plan B.“ Keinesfalls möchten die Grünen am Ende in Sachzwänge geraten wie etwa bei den Bau-Themen Stuttgart 21 und Flughafen Berlin, wo trotz immenser Zusatzkosten weitergebaut werden soll und wohl auch muss.
CDU-Fraktionschef Thomas Kufen hat ebenfalls das auch in Fachkreisen zu hörende Raunen vernommen, dass man nie und nimmer für 123 Millionen Euro soviel Messe erhalte wie auf den schönen Architektenplänen zu sehen ist. Er gibt sich allerdings optimistischer: „Wer gleich zu Anfang Angst vor steigenden Kosten hat, dürfte nie ein Bauprojekt beginnen.“ Kufen pocht allerdings ebenfalls auf einen „festen finanziellen Rahmen“, den das Viererbündnis nun noch einmal bekräftigt habe. Die Politik dürfe sich andererseits nicht in eine „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ hineinreden, wonach sowieso immer alles teurer werde, was die öffentliche Hand baue. Immerhin baue man ja nicht so etwas Komplexes wie einen Flughafen, sondern „nur“ Messehallen. Kufen: „Ich hoffe, dass ich am Ende nicht enttäuscht werde.“
Messe: Wir bauen nicht ohne belastbare Zahlen
Messe-Baubevollmächtigter Roland Weiss kann die Sorgen der Politik nach eigenen Angaben „verstehen“, hält sie allerdings dennoch derzeit für unnötig. „Wir bauen nicht eher, als bis wir belastbare Zahlen haben“, so Weiss. Und belastbare Zahlen könnten nun einmal noch nicht vorliegen, weil die Planungen noch liefen.
Sagen könne er aber dies: „Alle sieben Architekturbüros, die Preisträger geworden sind, haben uns gesagt, dass sich das Projekt im vorgegeben Rahmen realisieren lasse. Und das sind ja keine dummen Menschen.“ Natürlich müssten die Pläne nun im Einzelnen durchgerechnet werden. „Im Frühjahr 2013 wissen wir mehr.“ Weiss räumte ein, die Messe-Ertüchtigung sei im gegebenen finanziellen Rahmen ambitioniert, es gebe aber keine kostensteigernde Automatik: „Das hier ist schließlich kein politisches Projekt, das zum Zweck besserer Durchsetzbarkeit künstlich niedrig gerechnet wird.“