Essen. . Ein 43-jähriger Dorstener hat am Montag vor dem Essener Schwurgericht den Mord an der 58 Jahre alten Monika O. gestanden. Die geistig leicht behinderte Frau hatte am 28. Mai Pfandflaschen gesucht. Der Angeklagte versuchte, sie zu vergewaltigen. Als dies misslang, habe er sie aus Furcht vor einer Anzeige getötet.

Mit einem leichten Grinsen kommt er in den holzgetäfelten Saal. Unscheinbar wirkt er, ein Allerweltsgesicht. Viele Menschen, die ihm früher begegneten, sprachen von einem sympathischen Eindruck, den er hinterlassen habe. So muss er Pfingstmontag auch auf die 58 Jahre alte Monika O. gewirkt haben, die er am Vormittag in seine Essener Wohnung an der Stauderstraße gelockt hatte.

Die Anklage, die Staatsanwältin Elke Hinterberg vorliest, zeigt das andere Gesicht des Volker Wald; das eines brutalen Verbrechers. Die geistig leicht behinderte Monika O. hatte am 28. Mai Pfandflaschen gesucht. Volker Wald beobachtete sie aus dem Fenster seiner Erdgeschosswohnung. „Komm rein, ich habe auch noch welche“, rief er ihr zu und plante, sie zu vergewaltigen. Er gesteht diesen Vorsatz dem Gericht gegenüber nicht selbst, sondern überlässt seinem Verteidiger Volker Schröder das Wort. Wald habe die Frau von hinten umschlungen, trägt der Anwalt vor, doch wegen der Schreie der Frau keine Lust mehr auf eine Vergewaltigung gehabt. Wegen seiner Vorstrafen sei ihm aber klar gewesen, dass eine Anzeige der Frau ihn wieder ins Gefängnis bringen würde. Deshalb habe sie sterben müssen.

Zwei Messerstiche in den Hals

Er legt seine Hände um ihren Hals, drückt zu, „bis sie blau anlief“. Dann schleppt er sie ins Bad, legt sie in die Wanne. Im Wohnzimmer raucht er und denkt nach: „Was, wenn sie wach wird? Dann läuft sie weg.“ Er nimmt ein Messer in die Hand, sticht der Frau zweimal in den Hals. Tod durch Verbluten und Hinweise auf das Würgen, bescheinigt später Rechtsmediziner Kurt Trübner. Volker Wald trägt die Leiche der Frau in den Keller des Hauses, versteckt sie unter der Treppe und säubert Treppenhaus und Wohnung. Danach zieht er zu seiner neuen Freundin, die er erst wenige Tage zuvor über das Internet kennengelernt hatte.

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14 Tage lang suchen Angehörige nach Monika O.. Zettel bringen sie an Bäumen an, bitten um Hilfe. Erst am 10. Juni entdecken Hausbewohner die Leiche im Keller, nachdem sie einen immer stärker werdenden Verwesungsgeruch wahrgenommen hatten.

Volker Wald wuchs in Dorsten in einem Arbeiterhaushalt mit sieben Geschwistern auf. Er ist der Jüngste in der Familie. In der Grundschule hat er Lernschwierigkeiten, kommt als Zwölfjähriger zur Sonderschule. Zwei Jahre später fällt er mit seiner ersten Sexualstraftat auf. Da sprang er mit einem Stock in der Hand auf eine 25-jährige Lehrerin zu. „Komm“, rief er. Einen Tag später fasste er einer 29 Jahre alten Radfahrerin an den Busen. „Warte, schöne Frau, ich bringe dich um“, rief der 14-Jährige. Beide Verfahren stellt das Amtsgericht Dorsten ein.

Vor Gericht kein Unbekannter

In den nächsten Jahren steht er dreimal wegen Diebstahl vor Gericht, bekommt Arreststrafen. 1989 wirft ihm die Anklage vor dem Jugendschöffengericht in Dorsten fünf Vergewaltigungen vor. Nur zwei sind ihm nachzuweisen, drei Jahre Jugendhaft lautet das Urteil. Es sind wieder ihm völlig unbekannte Frauen, die der damals 19-Jährige überfällt und zum Sex zwingt. Die eine Frau ist 26 Jahre alt, die andere 36.

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Einen Beruf hat Volker Wald nie erlernt. In Freiheit war er meistens arbeitslos. Aber viel Freiheit hat er bis heute nicht erlebt. 16 Jahre hat er abgesessen, neun davon in der geschlossenen Psychiatrie. In diese Maßnahme hatte ihn das Landgericht Essen 1996 eingewiesen. Ein Jahr zuvor hatte der damals 26-Jährige eine 50 Jahre alte Frau in Dorsten vom Fahrrad geholt und zu vergewaltigen versucht. Wieder droht er seinem Opfer mit dem Tode: „Wenn du brüllst, mache ich dich kalt!“ Doch die Frau wehrt sich so stark, dass er von ihr ablässt. Vom Vorwurf der gleichzeitig angeklagten Vergewaltigung einer 19-Jährigen wird er freigesprochen, weil das Gericht letzte Zweifel an seiner Schuld wegen eines Verfahrensfehlers der Polizei nicht überwinden konnte.

Gericht sah keine Rückfallgefahr

In Freiheit schafft Volker Wald es mehrfach, legale sexuelle Beziehungen aufzubauen. Eine Frau heiratet er Anfang der 90er Jahre sogar. Die Ehe geht in die Brüche. Nachdem er 2006 nach elf Jahren in Unfreiheit aus der Haft entlassen wird, lebt er in Dorsten schnell mit einer anderen Frau zusammen. Doch 2010 steht er wieder vor dem Essener Landgericht, weil er die elfjährige Tochter seiner Lebensgefährtin zweimal sexuell missbrauchte. Zwei Jahre Gefängnis bekommt er dafür. Die sexuellen Handlungen sind eher im unteren Bereich vergleichbarer Delikte anzusiedeln. Aber das könnte auch daran liegen, dass das Mädchen sich heftig wehrte. Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Sicherungsverwahrung für Volker Wald lehnte das Gericht ab. Die formellen Voraussetzungen lägen nicht vor, begründete die V. Strafkammer, außerdem sei die Sicherungsverwahrung angesichts der Taten unverhältnismäßig. Eine Rückfallgefahr sah aber auch das Gericht.

Volker Wald bestätigt diese Prognose, als er am 19. März 2012 aus der Haft entlassen wird. Er verlässt Dorsten, nimmt sich eine Wohnung in Altenessen. Führungsaufsicht ist angeordnet, er nimmt an Sexualtherapien teil. Niemand bemerkt, dass er in dieser Zeit am 28. Mai Monika O. umbringt.

Sechs Prozesstage hat Richter Andreas Labentz für die Verhandlung angesetzt. Seine Kammer hat dem Angeklagten bereits den Hinweis erteilt, dass neben einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe auch de Sicherungsverwahrung drohe. Der psychiatrische Gutachter Norbert Leygraf hat in seinem vorläufigen schriftlichen Gutachten schon betont, dass bei dem aus seiner Sicht voll schuldfähigen Volker Wald eine hohe Rückfallgefahr besteht. Auch für einen Mord.