Essen. . Der Migranten-Vorzeigeverein „Forum Russlanddeutsche Essen“ steht ab 2014 ohne Bleibe da. Die Stadt hat sich schon verabschiedet von der Suche nach Alternativen. Nun gehen langsam auch örtliche Politiker auf Distanz. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

So langsam kann es den Mitgliedern im Verein „Forum Russlanddeutsche Essen“ Angst und Bange werden. Nachdem die Stadt unmissverständlich kundgetan hat, dass sie den rund 140 Akteuren bei der Suche nach einer neuen Bleibe und Ersatz für die Heßlerstraße 208-210 nicht mehr helfen wird, gehen auch örtliche Politiker auf Distanz. Nur SPD und linksorientierte Parteien in der Bezirksvertretung (BV) V fordern unermüdlich eine Lösung für die Raumsuche. Bislang erfolglos.

„Hilfe nicht mehr machbar“

Dass man sich für Lob nichts kaufen kann, erfahren die Mitglieder des Forums derzeit schmerzhaft am eigenen Leib – genau daran fehlt es ihnen sicherlich nicht. Nein, niemand wolle die integrative Arbeit der gut organisierten Ehrenamtlichen zu schmälern, ganz im Gegenteil. Nur: Eine Lösung für die Raumsuche gibt es nicht. Stattdessen wird mehr und mehr die „Eigenverantwortlichkeit“ betont.

„Man sollte ehrlich mit dem Verein reden und ihm auch mitteilen, dass irgendwo Hilfe nicht mehr machbar ist“, stellte Friedrich Frentrop (EBB) in der vergangenen Sitzung der BV V fest. Auch Christdemokratin Stefanie Kölking glaubt nicht mehr an eine Lösung: „Richtig wäre ein eindeutiges Signal der Stadt, dass man nicht helfen kann, und nicht den Beteiligten zu suggerieren, dass die Politik das hinkriegt.“ Thomas Spilker (FDP) betont die „Eigenverantwortung“ des Vereins und konstatiert trocken: „Man darf auch nicht so tun, als ob hier die Welt untergeht.“

Die Hauptschule soll noch mal untersucht werden

Immerhin stimmte er dem Vorschlag des grünen Ratsherrn Walter Wandtke zu, die Adresse Karnaper Markt, ehemalige Hauptschule, noch einmal genauer zu untersuchen. Doch eigentlich weiß man jetzt schon, was dabei herauskommt: „Da an diesem Standort (...) eine Grundschule und eine Kita vorgesehen sind, ist eine Unterbringung nicht möglich“, kann man einer Vorlage der Stadt entnehmen. „Dabei ist die oberste Etage davon gar nicht betroffen“, ärgerte sich Walter Wandtke.

Viel Kritik erntete die städtische Immobilienwirtschaft in der BV V für ihr Papier, an dessen Ende alle Lösungshilfen aus finanziellen (Sanierungskosten aller theoretisch in Frage kommenden Gebäude) und personellen Gründen (Abbau durch Sparzwang) praktisch ausgeschlossen werden. „Es ist die Aufgabe der Stadt, jemandem die Arbeit abzunehmen, der die Aufgaben der Stadt doch erst erledigt“, spielte Theo Jansen (SPD) auf die Integrationsarbeit des Forums an: „Das wird dem Stadtteil nicht guttun.“ Michael Schwamborn (EBB) kritisierte die Ungleichbehandlung: „Dem Verein VKJ bei der Suche nach einer Immobilie für eine Kita zu helfen, das geht – das Forum zu unterstützen, aber nicht.“ Eine Lösung hat niemand zu bieten.

„Es gibt eine Irritation im Verein“ 

„Es gibt eine Irritation im Verein“: Das sagt Igor Wenzel, Vorstandsmitglied im Forum Russlanddeutscher. Über konkrete Hilfe, die von Seiten der Stadt gekommen ist, wissen die Mitglieder nicht viel zu berichten. „Wir haben bislang kein einziges Gebäude von innen gesehen und auch kein Raumangebot bekommen“, berichtet der Vereinsvorsitzende Otto Engel auf Anfrage dieser Zeitung.

Warum nicht? Zu wenig Personal, um aktiv am Markt zu suchen, schreibt dazu die städtische Immobilienwirtschaft. Ob der Verein mit einer Sondierung des Privatmarktes durch die Stadt gerechnet hätte, darf aber bezweifelt werden. Eher mit städtischen Gebäuden. Die diskutierten, u.a. alte Hauptschule Karnap, Grubenschreinerei Zeche Carl oder Nikolausschule an der Schwanhildenstraße 34, werden aber in Bausch und Bogen vom Amt abgelehnt.

Wenig Hoffnung für die Ehrenamtlichen

Wenig Hoffnung macht man sich in den Reihen der Ehrenämtler, aus eigener Initiative auf dem privaten Markt einen adäquaten Ersatz für die Heßlerstraße 208-210 zu finden. „Vor zehn Jahren haben wir erfolglos eineinhalb Jahre lang gesucht, bis uns schließlich die Stadt geholfen hat“, schaut Otto Engel zurück. Und die Bedürfnisse dürften in der Tat kaum ab- sondern eher zugenommen haben. Mehr oder weniger regelmäßig kommen um die 150 Kinder und Jugendliche zur Heßlerstraße zum „Kunst- und Kreativzentrum“. Hier malen sie, tanzen Ballett, eine Band hat sich gegründet und die Jugendlichen haben ihren eigenen kleinen Club. „Unser Mietvertrag umfasst rund 450 Quadratmeter“, erläutert Engel. Zahlen muss der Verein dafür im Jahr knapp 20 000 Euro. Danach muss man auf dem freien Markt lange suchen.