Essen. . Ignoriert die Stadt Essen politische Beschlüsse des Rates? „Pro Asyl“ kritisiert die derzeitige Unterbringungssituation und sieht auch keine vernünftige Entlastung durch die Dilldorf-Schule. Insbesondere Roma-Familien seien von den beengten Situationen betroffen, so die Organisation.

Unter dem Druck der Asylwelle verwässert die Stadt Essen politische Beschlüsse: Zum Teil wird die vom Rat der Stadt festgelegte Mindestwohnfläche von acht Quadratmetern pro Person in den Übergangsheimen deutlich unterschritten. Dies kritisiert die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“. Betroffen von der dramatischen Enge durch mangelnde Kapazitäten seien vor allem Roma-Familien.

Im Werdener Heim an der Straße Im Löwental zum Beispiel müssen sich fünf Menschen 20 Quadratmeter teilen. In der Einrichtung Auf’m Bögel in Haarzopf hausen sogar sieben Asylbewerber vom Balkan auf engstem Raum, hat der Flüchtlingsrat herausgefunden. Drei Generationen – Großeltern, Eltern und Kinder – haben dort ebenfalls nicht mehr als 20 Quadratmeter zur Verfügung, berichtet Alexander Pott von „Pro Asyl“. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen war der Stadt Essen am Montag nicht möglich.

Waschgelegenheiten seien offen einsehbar

Auf die Dilldorf-Schule als Entlastungsstandort zu setzen, ist nach dem bisherigen Konzept für die Flüchtlingsbetreuer von der Friedrich-Ebert-Straße offenbar keine Lösung. Dort sei nach dem bisherigen Stand der Planungen keine menschenwürdige Unterbringung möglich, heißt das „Pro Asyl“-Fazit nach einem Ortstermin mit Vertretern des Sozialdezernats. Die ehemaligen Schulräume eigneten sich kaum besser für eine Belegung als die Turnhalle an der Lohstraße, wo die Stadt selbst menschenunwürdige Bedingungen einräumte.

Nach Informationen der Flüchtlingsorganisation sollen auch in Kupferdreh mehrere Familien in einem Raum untergebracht werden, der durch zwei Meter hohe Stellwände unterteilt werde. Da die Waschgelegenheiten offen einsehbar seien und lediglich Gemeinschaftsduschen in einem Großraum existierten, sei die Privatsphäre der Flüchtlinge nicht gewahrt. „Eine notdürftig renovierte Schule als für Monate genutzte Unterkunft entspricht nicht den Grundsätzen einer angemessenen Flüchtlingsunterbringung“, kritisiert Pott, der zudem die zentrale Essensversorgung ablehnt.

Ungleiche Versorgung sei nicht zu rechtfertigen

Sachleistungen widersprächen einem zwei Jahre alten Ratsbeschluss, weil sie „nicht den humanitären Grundsätzen, die sich in Essen als gesellschaftlicher Konsens herausgebildet haben“, entsprechen. Eine ungleiche Versorgung der Menschen in den einzelnen Übergangsheimen sei nicht zu rechtfertigen: „Es muss gleiche Standards für alle Flüchtlinge geben“ und keine Unterschiede nach Ethnie oder prognostizierter Aufenthaltsdauer.

Auch wenn sich die Stadt mangels Alternativen bereits auf den Standort Dilldorfschule festgelegt hat, wollen die Vertreter von „Pro Asyl“ ihre Kritik im städtischen Integrationsrat und den Ratsfraktionen „in aller Klarheit“ vortragen.