Essen. Im kleinen Dilldorf im Essener Stadtteil Kupferdreh ist der Dorffrieden bedroht, seitdem die Stadt hier ein Asylheim öffnen möchte. Rund 200 Gäste ließen sich auf einer Bürgerversammling von Sozialdezernent Peter Renzel die Pläne erklären. Manche sind beruhigt, andere sagen: hier nicht!

Der ehemalige Gemeindesaal Marienheim in Kupferdreh-Dilldorf ist zum Bersten voll: Geschätzte 200 Bürger und Anwohner drängeln sich, um sich von Sozialdezernent Peter Renzel erklären zu lassen, warum ausgerechnet in ihrem kleinen „Dorf“ eine Asyl-Unterkunft für 80 Menschen aus Serbien und Mazedonien eröffnet wird.

„Ich habe schon Vorurteile gegenüber den Roma, man hört ja viel Schlechtes“, bekennt die Dilldorferin Christel Gehrmann, „aber ich weiß auch, dass die nur abgebaut werden können, indem man die Menschen kennenlernt."

Die Rentnerin wohnt mit ihrem Mann direkt gegenüber der ehemaligen Grundschule an der Oslenderstraße, die jetzt für 120.000 Euro zu einer Notunterkunft für Asyl-Bewerber umgebaut werden soll. Dass die Stadt keine andere Wahl hatte, um die steigende Anzahl der Asylsuchenden aus der Volksgruppe der Roma unterzubringen, verdeutlicht Peter Renzel mit jeder Menge Zahlen, Daten und Fakten.

Fest steht: Essen ist, wie alle anderen Kommunen in Deutschland, gesetzlich verpflichtet, die Menschen unterzubringen. „Das wollen wir auch tun - und zwar unter menschenwürdigen Bedingungen“, sagt Renzel mit Anspielung auf die erste „unzumutbare“ Notunterkunft in einer Turnhalle in Bedingrade.

Ruhig und besonnen steuert der 50-Jährige die Diskussion, verliert selbst bei heftigeren Wortbeiträgen nicht die Ruhe. „Ich bitte um Respekt und Toleranz gegenüber jedem Redner“, sagt er anfangs, und tatsächlich gestaltet sich die Veranstaltung trotz unterschiedlicher Positionen recht friedlich.

Ängste und Sorgen - aber auch Verständnis für die Lage der Asylbewerber

Das Stimmungsbild, das sich im Laufe des Abends abzeichnet, ist nicht einheitlich: Während einige Bürger Verständnis für die Notlage der Asylbewerber und die Handlungsnotwendigkeit der Stadt äußern, berichten andere von ihren Ängsten und Sorgen.

Eine Frage eint alle: „Warum ausgerechnet bei uns?“, wollen sie wissen und verweisen auf Stadtteile wie Bredeney oder Fischlaken, in der es keine Asylbewerber-Wohnheime gibt. „Wir haben auch in diesen Stadtteilen Möglichkeiten der Unterbringung geprüft“, kontert Renzel. Doch die in frage kommenden Gebäude hätten nicht kurzfristig umgebaut werden können, zudem sei der finanzielle Aufwand zu hoch.

Georg Kollenberg kann alle Argumente und Sorgen nachvollziehen. Der Dilldorfer, der mit einem Förderverein das Marienheim betreibt, hat mit vielen Anwohnern über das geplante Heim diskutiert: „Unser Dorffrieden ist gefährdet“, fürchtet er. Viele Anwohner hätten schon im Vorfeld geäußert, lieber wegzuziehen, als neben Roma zu leben. Außerdem dürfe man nicht außer Acht lassen, dass durch die Eröffnung eines solchen Wohnheimes der Wert des benachbarten Eigenheimes sinken würde.

Die Asylunterkunft ist für 80 Personen vorgesehen und kann ab Januar 2013 belegt werden. Die Nutzung der ehemaligen Dilldorfer Schule ist auf sechs Monate begrenzt; sie ist als Notbehelf geplant und wird nur belegt, wenn alle anderen Unterbringungsmöglichkeiten nicht ausreichen. Über die weitere Zukunft der Immobilie wurde noch nicht entschieden. Eine Vermarktung sei weiterhin möglich, so die Verwaltung.

Mit Einzug der Asylbewerber wird die Unterkunft von einem Hausverwalter und drei Sozialarbeitern betreut. Zudem wurde den Anwohnern fest versprochen, dass Polizei und Ordnungsamt ein Sicherheitskonzept erstellen. Mitarbeiter von Caritas und Diakonie kümmern sich um die Betreuung der Flüchtlinge. Gemeinsam mit Anwohnern und Sicherheitskräften wollen sie einen „Runden Tisch“ bilden, um Konflikten vorzubeugen und Problemen zu begegnen.