Der Zuzug von Asylbewerbern reißt nicht ab, die Stadt sieht keine andere Möglichkeit, als neue Unterkünfte zu schaffen. Das hat gestern der Verwaltungsvorstand unter Vorsitz von Oberbürgermeister Reinhard Paß beschlossen.
Im Wesentlichen geht es um vier Vorhaben: Die bereits bestehende Unterkunft Auf’m Bögel in Haarzopf soll erweitert werden und zusätzlich 40 Menschen aufnehmen. Die Spätaussiedler, die derzeit an der Dahlhauser Straße in Steele-Horst leben, sollen in Wohnungen umziehen und rund 60 Asylbewerbern Platz machen. Weitere 50 Asylbewerber will die Stadt in anzumietenden Wohnungen des Allbau und der Viva West unterbringen. Schließlich soll die ehemalige Grundschule in Kupferdreh-Dilldorf in der Oslenderstraße zu einer Notunterkunft für maximal 80 Menschen umbauen.
Besonders die Herrichtung der maroden Grundschule erfordert mit rund 100 000 Euro erst einmal erhebliche bauliche Investitionen. Sozialdezernent Peter Renzel zufolge wären andere Lösung aber noch teurer gekommen. Ob die Schule gebraucht wird, sei noch nicht klar, es handele sich insofern um eine „Investition in die Unsicherheit“, doch habe die Stadt keine Wahl. „Wir sind zur Unterbringung verpflichtet.“ Man wolle nicht erneut in die Lage geraten, wie an der Lohstraße in Bedingrade auf Turnhallen zurückgreifen zu müssen. Renzel will in den betroffenen Stadtteilen möglichst in den nächsten zwei Wochen Info-Veranstaltungen anbieten.
Zurzeit halten sich 683 Asylbewerber in Essen auf, darunter 389 Roma aus Serbien und 132 aus Mazedonien. Ihre Chance auf Asyl ist gleich Null, bestätigte der Sozialdezernent. Fast ausnahmslos handele es sich um Armutsflüchtlinge, die - einmal in Deutschland angekommen - jedoch oft nur sehr schwer wieder abzuschieben seien. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2012, das die Leistungen für Asylbewerber heraufsetzte, habe äußerst animierend gewirkt, so Renzel. „In Skopje und Umgebung wird seither geworben, nach Deutschland zu reisen.“ Die Einreisezahlen sprächen für sich.
Zwar sei zumeist nach sechs bis acht Wochen klar, dass kein Asylgrund vorliege, doch komme man dadurch der Abschiebung noch nicht näher. Erstens müsse ein Flugzeug gechartert werden, was nicht immer einfach sei, zweitens klagten abgelehnte Asylbewerber oft über plötzlich auftretende Krankheiten, die dann Aufschub bewirkten, berichtet Brigitte Keil, Leiterin des Fachbereichs Soziales und Wohnen bei der Stadt. „Wer nicht ausreisen will, findet immer wieder Gründe.“ Derzeit müssten in Essen 150 Asylbewerber untergebracht werden, deren Anträge längst abgelehnt worden sind.