Essen.

Als erfolgreichen Schlag gegen die Anbieter illegaler Sportwetten hatten Staatsanwaltschaft und Polizei vor zweieinhalb Jahren ihre Groß-Razzia gegen die Familie I. aus dem Essener Stadtteil Altendorf verkauft. Das strafrechtliche Ende ist eher ein Schlag für die Ermittler. Das Landgericht Essen verurteilte den Hauptangeklagten Yücel I. (48) am Dienstag zu einer Geldstrafe mit Bewährung.

Der Berg hat gekreißt – und ein Mäuschen geboren. Schwere Verfahrensfehler hatte die I. Strafkammer den Ermittlern schon im Mai 2011 vorgeworfen, als sie die Haftbefehle gegen zwölf Angeklagte wegen fehlenden dringenden Tatverdachtes aufhob. Elfeinhalb Monate hatten sie in U-Haft gesessen.

In der Anklage hatte Staatsanwältin Sabine Vollmer ihnen vorgeworfen, in Wettbüros illegal Sportwetten angeboten und Steuern hinterzogen zu haben. Innerhalb von zwei Jahren seien 120 Millionen Euro schwarz umgesetzt worden. Doch nach einem halben Jahr Prozessdauer setzte die I. Strafkammer das Verfahren aus, weil sie wichtige Ermittlungsdetails in den Akten vermisste. Möglicherweise könne es sich dabei auch um Entlastendes für die Angeklagten handeln, sagte Richter Edgar Loch im Mai 2011.

Gespräche im Hintergrund

Seitdem liefen im Hintergrund Gespräche aller Prozessbeteiligten. Das Ergebnis ging schnell über die Bühne. Nachdem viele Anklagevorwürfe eingestellt wurden, gestand der Angeklagte Yücel I. am vergangenen Freitag die Steuerhinterziehung. Am Dienstag verkündete Richter Loch das Urteil für die Hinterziehung von insgesamt 900.000 Euro Lotteriesteuer: Eine Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro (180 Tagessätze zu zehn Euro), die der Angeklagte aber nicht zahlen muss, wenn er sich in den nächsten zwei Jahren straffrei hält und 3000 Euro Geldbuße zahlt. Außerdem ordnete es einen Arrest über 1,2 Millionen Euro aus dem Vermögen des Angeklagten an für Forderungen des Finanzamtes.

Staatsanwältin Vollmer hatte eine etwas höhere Geldstrafe gefordert, allerdings ohne Bewährung. Sie empfindet das Urteil nicht als Schlappe. Gegenüber dieser Zeitung sagte sie, wichtig sei, dass das Geld gesichert sei. Außerdem habe sich während des Verfahrens die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Münster zu illegalen Sportwetten entscheidend geändert, so dass dieser Bereich wegfalle.

Richter Loch hatte im Urteil auf jeden Kommentar zu den Ermittlungen verzichtet. Der Kölner Verteidiger Norbert Gatzweiler wiederholte seine Kritik an Staatsanwaltschaft und Polizei. An den Vorwürfen sei nie etwas dran gewesen. Gatzweiler: „Und trotzdem wurde eine Familie durch diese Ermittlungen zerstört.“