Essen. Illegale Sportwetten und Glücksspiel wirft Staatsanwältin Sabine Vollmer den zwölf Angeklagten im Landgericht Essen vor. Die Verwandten sollen mit einem europaweiten Wettbüro-Imperium 120 Millionen Euro umgesetzt haben - auch an der Steuer vorbei.

Eng ist es im extra für dieses Verfahren umgebauten Schwurgerichtssaal im Landgericht Essen. Zwölf Angeklagte sitzen dort mit jeweils bis zu drei Verteidigern. Mit ihrem Wettbüro-Imperium sollen sie laut Anklage innerhalb von zwei Jahren 120 Millionen Euro umgesetzt und dabei das Finanzamt beschwindelt haben.

In Essen-Altendorf saß die Familie I., soll von dort die Fäden für ihr europaweites Filialnetz gesponnen haben. In Internetcafés, Gaststätten, Kiosken oder Spielhallen standen ihre Wett- und Geldspielautomaten. Illegale Sportwetten und Glücksspiel wirft Staatsanwältin Sabine Vollmer den zwölf Angeklagten vor. Mit einer speziell für das Unternehmen entwickelten Software sollen sie die Automaten derart manipuliert haben, dass die Finanzbehörden keine korrekten Angaben über den Umsatz bekamen. Im Internet sollen sie zudem reine Sportwetten angeboten haben. Von einer offiziellen Wettlizenz ist bislang nichts bekannt geworden.

Schwestern und Schwager sitzen mit auf der Anklagebank

An der Spitze der mutmaßlichen Bande sieht die Staatsanwaltschaft die Brüder Yücel (47) und Yilmiz I. (40). Mit auf der Anklagebank sitzen auch Schwestern und Schwager der beiden. Wer nach der Festnahme am 8. Juni 2010 ins Handelsregister blickte, der sah ein weit verzweigtes Geflecht von offiziell eingetragenen Firmen, an deren Spitze jeweils Verwandte standen. Involviert sahen die Ermittler damals auch einen Rechtsanwalt und eine Steuerberaterin, die Familie I. mit ihrem Fachwissen geholfen haben sollen.

Ins Rollen gebracht hatte die Ermittlungen damals der Tipp zweier Informanten, die aus Sicherheitsgründen nicht vor Gericht auftreten sollen. Ihr Hinweis hatte aber dafür gesorgt, dass die Fahnder Telefonate abhören und die Aktivitäten der Familie I. beobachten durften. 112 Wettbüros oder Wohnungen durchsuchte die Polizei im Frühsommer 2010 und nahm 15 Verdächtige fest. Heute sind noch acht in Untersuchungshaft. Im auf 26 Tage terminierten Prozess kommt die I. Strafkammer nur mühsam voran. Die umfangreiche Anklage wird zwar verlesen, dann stoppt aber eine 32 Seiten starke Rüge den Fortgang. Verteidiger Norbert Gatz­weiler wirft der Kammer darin vor, dass die Richterbank falsch besetzt sei.