Essen. . Den Architekten-Wettbewerb für den Teil-Neubau des Messegeländes hat das Düsseldorfer Büro „slapa oberholz pszczulny“ für sich entschieden. Und alle freuen sich – nicht nur, weil die Jury einstimmig votierte. Der Startschuss für den Baubeginn soll im Herbst 2013 fallen.
Die schönsten Geburtstagsgeschenke macht man sich am besten selbst, und seit Dienstagabend steht fest: Wenn die Messe Essen im kommenden Jahr ihren 100. Geburtstag f eiert, bekommt sie einen lang gehegten Wunsch erfüllt, der schon jetzt das Herz aller Beteiligten höher schlagen lässt.
Denn aus zuletzt sieben architektonischen Entwürfen für den Teil-Neubau des Ausstellungs-Komplexes hat eine hochkarätig besetzte Jury einstimmig jenen Sieger gekürt, der dem internationalen Marktplatz und Wirtschaftsförderungs-Motor an der Norbertstraße ein neues Gesicht geben wird: Drei großformatige rechteckige Hallen – verbunden durch flexibel nutzbare Trakte – und eine vierte keilförmige dazu, ein Kongress-Zentrum mit fünf Sälen, ein großzügiges verglastes Foyer, eine in Teilen verglaste Kolonnade zum Grugapark und ein weit auskragendes Dach in Richtung Grugaplatz – mit diesem Entwurf machte das Düsseldorfer Architektenbüro „slapa oberholz pszczulny“ das Rennen und heimste den mit 129.000 Euro dotierten ersten Platz des Architekten-Wettbewerbs ein.
Kein Streit, nirgends
Es war, so lobte der Vorsitzende der Wettbewerbs-Jury und einstige Präsident des Bundes Deutscher Architekten, Kaspar Kraemer, ein Sieg mit deutlichem Vorsprung, denn ein 2. Platz wurde nicht vergeben. Den dritten Rang teilen sich die Büros „HPP“ aus Düsseldorf und „Hascher Jehle“ aus Berlin.
Messe EssenDie Vorfreude auf ein gelungenes neues Gesicht für das teils abgenutzte und kaum noch vermarktbare nördliche Messe-Gelände wog umso mehr, weil von einem Streit zwischen Architekten und Politik à la Thurmfeld diesmal nichts zu spüren war, im Gegenteil: Das Jury-Votum fiel einstimmig aus, und Oberbürgermeister Reinhard Paß lobte genauso wie Messe-Chef Frank Thorwirth eine städtebauliche Figur, die nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der Messe berücksichtigt, sondern auch „den größtmöglichen Respekt vor der Umgebung“ dokumentiert.
Der Grugapark, so der OB, das sei ja schließlich „das emotionale Herz unserer Stadt“. Und die Debatte um die Frage, in welchem Umfang ein Messe-Neubau in das Gruga-Gelände hineinragen darf, hatte vor Jahren schon einmal die Entscheidung für den seit langem diskutierten Messe-Ausbau auf Eis gelegt.
Eine große Herausforderung
Jetzt freuen sich alle auf einen Um- und Ausbau, der in den fünf Jahren von Herbst 2013 bis Sommer 2017 die alten Hallen 4 bis 12 durch Neubauten ersetzt. Dass dies mit dem verfügbaren und gedeckelten Budget von 123 Millionen Euro machbar ist, versprach man sich noch einmal gegenseitig, obwohl Jurek Slapa vom siegreichen Architektenbüro einräumt: „Das war schon eine sehr große Herausforderung für uns.“
Bis zum Jahresende sollen die erforderlichen Verträge mit den Architekten ausgehandelt sein, danach schließen sich die Detailplanungen an. Baubeginn soll im Herbst 2013 sein, und dann kommen anstrengende Jahre auf alle Beteiligten zu: Abriss und Neubau finden schließlich parallel zum Messe-Geschäft statt.
Im Budget bleiben? „Das bekommen wir hin“
Das Budget steht fest, 123 Millionen Euro, und die Bezirksregierung wird ein waches Auge darauf haben, dass es auch eingehalten wird. Aber lehrt nicht die Erfahrung, dass Projekte solchen Umfangs – siehe Flughafen Berlin oder Elbphilharmonie – stets teurer werden als geplant? Messe-Chef Frank Thorwirth versuchte zu beruhigen: „Wir sind frohen Mutes, dass wir das hinbekommen“, versicherte er, doch natürlich sieht man diese Gefahr, zumal vor dem Hintergrund eines Neubaus bei laufendem Messe-Kalender.
Auch und gerade deshalb hat man mit Roland Weiss einen erfahrenen Projektentwickler angeheuert, und der versicherte, dass Kostensteigerungen „kein immanentes Problem“ sind, sondern dann auftreten, wenn der Bauherr erstens nicht weiß, was er will, oder das Budget zu Beginn eines Vorhabens besonders niedrig kalkuliert, um dem Projekt eine Chance zu geben. Beides sei hier nicht der Fall.
Die Brücke zur Halle – unverzichtbar?
Risiken wird es gleichwohl geben, denn der Bau ist eng getaktet, muss Rücksicht nehmen auf den Messe-Kalender, wo der Teil-Neubau eingepasst wurde zwischen zwei lukrative Veranstaltungen der Weltmesse „Schweißen & Schneiden“,die Mitte September 2013 und dann wieder im Jahre 2017 stattfindet. Weiss drückte es Journalisten gegenüber augenzwinkernd so aus: „Es wird immer was los sein, wir werden viele Abriss-Partys, Grundsteinlegungen und Einweihungen haben.“
Ein Aufwand, der sich lohnt, wie Messe-Chef Frank Thorwirth glaubt: Wenn erst einmal die schwer vermarktbaren Doppelstock-Hallen im nördlichen Messe-Areal verschwunden sind, würde die neue Hallenstruktur ihre ganze Stärke ausspielen können: Modular verwendbar, mit vielen möglichen Rundläufen, die für Messebesucher so wichtig sind, und mit der Möglichkeit, für Spezialveranstaltungen kleinere Einheiten abzutrennen.
Dabei wird auch der jetzt vorliegende Entwurf nicht 1:1 gebaut werden können, erst in den weiteren Detailplanungen dürfte sich erweisen, wie man das Grobkonzept in der Feinabstimmung umsetzt. So wird sich erst später erweisen, ob etwa die im Entwurf des Architektenbüros „slapa oberholz pszczulny“ verschwundene Brücke zwischen der Grugahalle und dem dann neuen Kongress-Center verzichtbar ist. Sonderlich geliebt hat sie nie jemand, aber „ich glaube nicht, dass man am Ende ohne sie auskommt“, sagte Messe-Geschäftsführer Egon Galinnis. Auch über die ausfahrbaren Dächer der Verbindungstrakte zwischen den einzelnen Hallen wird womöglich noch zu reden sein, ebenso wie über das Bürogebäude auf der anderen Seite der Norbertstraße.
Die zweigeschossige Tiefgarage unterm Gruga(vor)platz mit 728 Stellplätzen wird man sich auf jeden Fall sparen, sie würde die Kosten enorm in die Höhe treiben. Aber der nächste Geburtstag kommt bestimmt.