Essen. In Essen wundern sich die Politiker über den Kompromiss der rot-grünen NRW-Landesregierung zum sogenannten Kanal-Tüv. Es könne nicht sein, das jede Kommune selbst über die Dichtheitsprüfungen entscheide, so Bürgermeister Rolf Fliß. Die Grünen plädieren für eine einheitliche Lösung, die CDU steht dem Thema weiterhin ablehnend gegenüber.
Die Dichtheitsprüfung für private Kanalanschlüsse ans Kanalnetz ist kein Thema, mit dem sich beim Wähler punkten ließe. Diese Einsicht ist auch in Düsseldorf gereift, und so versucht sich die rot-grüne Landesregierung des Themas allem Anschein nach auf elegante Weise zu entledigen, in dem sie es den Kommunen zuschiebt. Diese sollen künftig selbst entscheiden, ob sie den Kanal-Tüv auch für private Hausanschlüsse ans Kanalnetz vorschreiben, so der aktuelle Stand der Diskussion.
Auch wenn rechtliche Fragen noch zu klären seien, wie es in Düsseldorf heißt, löst der Kompromiss, den SPD und Grüne ausgehandelt haben, vor Ort in Essen Verwunderung aus. „Es kann doch nicht sein, dass jede Kommune nach eigenem Gusto entscheidet, ob sie Dichtheitsprüfungen verlangt oder nicht“, so Bürgermeister Rolf Fliß.
Der umweltpolitische Sprecher der grünen Ratsfraktion spricht sich für eine einheitliche Lösung aus und will sich für eine solche beim Deutschen Städtetag stark machen. Fliß spricht sich für angemessene Fristen aus wie auch für Härtefallregelungen.
"Beweise fehlen"
Die CDU sieht sich hingegen in ihrer ablehnenden Haltung in Sachen Kanal-Tüv bestätigt. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass keine unnötigen Kosten auf Hauseigentümer und Mieter zukommen“, unterstreicht Ratsherr Guntmar Kipphardt, stellvertretender Vorsitzende des Planungsausschuss. Die NRW-CDU hatte die politische Sprengkraft des Themas früh erkannt und eine landesweite Anti-Kanal-Tüv-Kampagne gestartet. „Bis heute fehlt jeder Beweis, dass Grundwasser durch schadhafte Hausanschlüsse tatsächlich belastet wird“, sagt Kipphardt und bemüht einen Vergleich aus dem Reich der Tiere: „Da müsste man auch Hunden verbieten, auf einer Wiese das Bein zu heben.“
Eine Frage der Menge
Umweltdezernentin Simone Raskob sieht das anders. Natürlich sei es nicht gut für die Umwelt und das Grundwasser, wenn Abwasser im Erdreich versickere. Raskob räumt aber ein, dass dies eine Frage der Menge sei. Doch nicht von ungefähr investieren die Stadtwerke jedes Jahr rund 24 Millionen Euro in den Erhalt des 1600 Kilometer langen Kanalnetzes.
Denn das Landeswassergesetz schreibt vor, dass Abwasseranlagen nach den allgemeinen Grundlagen der Technik zu betreiben sind, „was beinhaltet, dass sie dicht sind“, betont Klaus-Dieter Rademacher, bei der Stadt zuständig für das Thema Wasserwirtschaft. Rademacher gibt zu bedenken, dass andere Kommunen längst in Sachen Dichtigkeitsprüfung strikter verfahren und stellt wie Fliß die Frage nach der Gleichbehandlung der Bürger.