Essen. . Zweifler hat es schon immer gegeben, nun ist der Traum geplatzt. Nach dem endgültigen Scheitern der millionenschweren Investitionspläne des saudischen Öl-Scheichs Hani Yamani auf Zollverein macht sich Hilflosigkeit breit. Auch die Seriösität des Scheiches wird zunehmend in Frage gestellt. Dabei wäre ein neuer Bauherr so wichtig.

Nach dem endgültigen Scheitern der millionenschweren Investitionspläne des saudischen Öl-Scheichs Hani Yamani auf Zollverein (WAZ vom Freitag) herrscht am Freitag ein seltsames Schweigen bei den meisten Beteiligten in der Stadt – man könnte das als Ausdruck peinlicher Berührung werten. Lediglich die CDU-Ratsfraktion teilt mit, Zollverein bleibe „eine städtebauliche Perle im Revier“, so Uwe Kutzner, der planungspolitische Sprecher. Entsprechend müsse „ein Bekenntnis“ her von „Stadt, Land, Bund und der Wirtschaft“.

Aber auch das ist mehr oder weniger ein Ausdruck von Hilflosigkeit – was will man mit „Bekenntnissen“, ein neuer Bauherr wäre viel wichtiger, damit wenigstens der Neubau für den Fachbereich Gestaltung der Folkwang Uni wie geplant realisiert werden kann.

Mit mahnendem Unterton

Auch den wollte Yamani errichten, bis spätestens Ende 2014, und weil das Land am Donnerstag mitteilte, es bleibe „Ziel, die Entwicklung Zollvereins und der Folkwang Uni voranzutreiben“, geht man an der Folkwang Uni weiter davon aus, dass der Neubau kommt. „Wir freuen uns darauf, 2014 umzuziehen. Für den Fachbereich ist dies von existenzieller Bedeutung“, ließ Rektor Mehnert mitteilen, und der mahnende Unterton war da nun wirklich nicht zu überhören.

Bei „NRW Urban“ hingegen, dem Betrieb, der treuhänderisch industrielle Erben wie Zollverein für das Land NRW verwaltet, gibt man offen zu, „erschüttert“ zu sein von dem Platzen des Großdeals. Bis zuletzt habe es „keinerlei Anzeichen“ dafür gegeben, dass es der Scheich nicht ernst gemeint habe mit seinem Engagement, „da kenne ich ganz andere Bauherren“, sagt „NRW Urban“-Sprecher Meinolf Bertelt-Glöß.

Im Gegenteil, das persönliche Engagement Yamanis, seine Besuche, seine bewusste Kontaktaufnahme mit künftigen Mietern und Untermietern, also Folkwang-Vertretern, hätten stets den Eindruck gefestigt: Hier will jemand wirklich. Den Plan, jetzt trotzdem bis Ende 2014 einen Folkwang-Neubau auf dem Zollverein-Gelände errichten zu lassen, von wem auch immer, bezeichnete Bertelt-Glöß als „kühn“. 600 Studenten sollen dort langfristig angesiedelt werden und nicht nur Zollverein, sondern vor allem auch das Umfeld beleben.

Zehn Jahre Weltkulturerbe

Das wohl meist fotografierte Bild im Ruhrgebiet: Der mächtige Doppelbock auf Zollverein.
Das wohl meist fotografierte Bild im Ruhrgebiet: Der mächtige Doppelbock auf Zollverein. © Sebastian Konopka/ WAZ FotoPool
Egal ob mit Schnee bedeckt...
Egal ob mit Schnee bedeckt... © Sebastian Konopka/ WAZ FotoPool
...als Kulisse für waghalsoge Künstler bei der Extraschicht...
...als Kulisse für waghalsoge Künstler bei der Extraschicht... © Alexandra Umbach/ WAZ FotoPool
...oder bei der unvergessenen Schachtzeichen-Aktion im Kulturhauptstadtjahr...
...oder bei der unvergessenen Schachtzeichen-Aktion im Kulturhauptstadtjahr... © Ulla Michels/ WAZ FotoPool
...Als Fotomotiv macht sich die Zeche in vielen Lagen gut.
...Als Fotomotiv macht sich die Zeche in vielen Lagen gut. © Kerstin Kokoska/ WAZ FotoPool
Selbst Salmiak-Pastillen werden mittlerweile mit dem Wahrzeichen geschmückt.
Selbst Salmiak-Pastillen werden mittlerweile mit dem Wahrzeichen geschmückt. © Kerstin Kokoska/WAZ FotoPool
Zur Erinnerung: So sah es auf dem Gelände im Jahr 2000 aus - kurz bevor die Zeche Weltkulturerbe wurde.
Zur Erinnerung: So sah es auf dem Gelände im Jahr 2000 aus - kurz bevor die Zeche Weltkulturerbe wurde. © Ulrich von Born/ NRZ
Wie weitläufig das Areal ist...
Wie weitläufig das Areal ist... © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
.... zeigt ein Blick aus der Vogelperspektive.
.... zeigt ein Blick aus der Vogelperspektive. © Hans Blossey
Der Strukturwandel brachte vor allem Kunst und Kultur zur Zeche. Jedes Jahr präsentieren sich Künstler bei der Contemporary Art Ruhr, kurz CAR. Zu ihnen gehörte auch Monika Ortmann, die hier zeigt, was sich aus Nylons alles machen lässt.
Der Strukturwandel brachte vor allem Kunst und Kultur zur Zeche. Jedes Jahr präsentieren sich Künstler bei der Contemporary Art Ruhr, kurz CAR. Zu ihnen gehörte auch Monika Ortmann, die hier zeigt, was sich aus Nylons alles machen lässt. © Uwe Möller/ WAZ FotoPool
Das Zechenfest zieht jedes Jahr tausende Besucher an - auch, wegen der besonderen Ausblicke, die sich etwa von der Panorama-Terrasse bieten.
Das Zechenfest zieht jedes Jahr tausende Besucher an - auch, wegen der besonderen Ausblicke, die sich etwa von der Panorama-Terrasse bieten. © Jan Dinter/ WAZ FotoPool
Oder beim Feuerwerk, das die Zeche in ein magisches Licht taucht.
Oder beim Feuerwerk, das die Zeche in ein magisches Licht taucht. © Jan Dinter/ WAZ FotoPool
Ein weiterer Besuchermagnet ist die Gourmet-Meile.
Ein weiterer Besuchermagnet ist die Gourmet-Meile. © Kerstin Kokoska
Luftig: Das Fördergerüst dient den Höhenrettern der Berufsfeuerwehr auch als Übungsplatz. Dazu seilen sie sich aus 30 Metern Höhe ab.
Luftig: Das Fördergerüst dient den Höhenrettern der Berufsfeuerwehr auch als Übungsplatz. Dazu seilen sie sich aus 30 Metern Höhe ab. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Auch die zentrale Grubenwehr übt mit ihrer Abseilmannschaft auf Zollverein.
Auch die zentrale Grubenwehr übt mit ihrer Abseilmannschaft auf Zollverein. © Kerstin Kokoska / WAZ FotoPool
Beliebt: Im Oktober öffnete die 3,5 Kilometer lange Ringpromenade.
Beliebt: Im Oktober öffnete die 3,5 Kilometer lange Ringpromenade. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Seither wird sie von Skatern, Radlern, Joggern und Walkern dicht bevölkert.
Seither wird sie von Skatern, Radlern, Joggern und Walkern dicht bevölkert. © Walter Buchholz/ WAZ FotoPool
Natürlich geht auch nichts über einen gemütlichen Spaziergang auf der Promenade.
Natürlich geht auch nichts über einen gemütlichen Spaziergang auf der Promenade. © Kerstin Kokoska/ WAZ FotoPool
Darüber hinaus geht es auf Zollverein sportlich zu...
Darüber hinaus geht es auf Zollverein sportlich zu... © WNM
...das Werksschwimmbad auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei bietet eine ebenso ungewöhnliche Kulisse....
...das Werksschwimmbad auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei bietet eine ebenso ungewöhnliche Kulisse.... © Remo Bodo Tietz/ WAZ FotoPool
...wie die Eisbahn, die auch am vergangenen Wochenende wieder eröffnete.
...wie die Eisbahn, die auch am vergangenen Wochenende wieder eröffnete. © Sebastian Konopka/ WAZ FotoPool
Auch das Riesenrad gehört zu den Attraktionen der Zeche.
Auch das Riesenrad gehört zu den Attraktionen der Zeche. © Kerstin Kokoska/ WAZ FotoPool
Platz für Neues: am 18. Juni lässt die RAG einen 65 Meter hohen  Rauchgaskamin sprengen, um das Gelände weiter gewerblich zu erschließen.
Platz für Neues: am 18. Juni lässt die RAG einen 65 Meter hohen Rauchgaskamin sprengen, um das Gelände weiter gewerblich zu erschließen. © Walter Buchholz/ WAZ FotoPool
Der fast majestätische Anblick lockt natürlich auch so manche Prominenz in den Essener Norden.
Der fast majestätische Anblick lockt natürlich auch so manche Prominenz in den Essener Norden. © Kerstin Kokoska/ WAZ FotoPool
Von der niederländischen Königin Beatrix...
Von der niederländischen Königin Beatrix... © Dirk Bauer/ WAZ FotoPool
...über Hip-Hop-Star Samy Deluxe...
...über Hip-Hop-Star Samy Deluxe... © Alexandra Umbach/ WAZ FotoPool
...den ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und  Bayern-Regierungschef Horst Seehofer...
...den ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und Bayern-Regierungschef Horst Seehofer... © Oliver Müller/ WAZ FotoPool
...bis hin zum ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, der an der Kulturhauptstadteröffnung teilnahm.
...bis hin zum ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, der an der Kulturhauptstadteröffnung teilnahm. © Ilja Höpping/ WAZ FotoPool
Vor allem die Eröffnungsveranstaltung im Januar 2010...
Vor allem die Eröffnungsveranstaltung im Januar 2010... © Walter Buchholz/ WAZ FotoPool
... bot unvergessene Bilder.
... bot unvergessene Bilder. © Ilja Höpping/ WAZ FotoPool
Tänzer Justo Moret probt hier für die Festakt-Revue
Tänzer Justo Moret probt hier für die Festakt-Revue "Wir sind das Feuer", die anlässlich der Eöffnung aufgeführt wurde. © Klaus Micke/ WAZ FotoPool
Mit Regencapes bekleidet, schützten sich Besucher vor Nässe und Kälte - und boten obendrein noch ein buntes Bild.
Mit Regencapes bekleidet, schützten sich Besucher vor Nässe und Kälte - und boten obendrein noch ein buntes Bild. © Ilja Höpping/ WAZ FotoPool
Mit Regencapes bekleidet, schützten sich Besucher vor Nässe und Kälte - und boten obendrein noch ein buntes Bild. Foto: Ilja Höpping
Mit Regencapes bekleidet, schützten sich Besucher vor Nässe und Kälte - und boten obendrein noch ein buntes Bild. Foto: Ilja Höpping © Ilja Höpping/ WAZ FotoPool
Bis heute ist das 2010 neu eröffnete Ruhr-Museum ein riesiger Erfolg.
Bis heute ist das 2010 neu eröffnete Ruhr-Museum ein riesiger Erfolg. © Kerstin Kokoska/ WAZ FotoPool
Hunderttausende Besucher sahen die Dauerausstellung seither, darunter auch Gäste wie dieser junge Mann.
Hunderttausende Besucher sahen die Dauerausstellung seither, darunter auch Gäste wie dieser junge Mann. © Jan Dinter/ WAZ FotoPool
Das illuminierte schneckenförmige Treppenhaus gehört ebenfalls zu den viel fotografierten Motiven.
Das illuminierte schneckenförmige Treppenhaus gehört ebenfalls zu den viel fotografierten Motiven. © Kerstin Kokoska/ WAZ FotoPool
Architektonisch mindestens ebenso sehenswert ist der Sanaa-Würfel...
Architektonisch mindestens ebenso sehenswert ist der Sanaa-Würfel... © Hans Blossey
...der bei Veranstaltungen wie der Extraschicht mit Videoinstallationen in ein besonderes Licht getaucht wird.
...der bei Veranstaltungen wie der Extraschicht mit Videoinstallationen in ein besonderes Licht getaucht wird. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Auch Motorenfans zieht die Industriekulisse magisch an: Regelmäßig treffen sich Oldtimer-Liebhaber wie Michael und Daniel, hier mit einem Porsche 911 Targa von 1968, auf dem Kokerei-Areal.
Auch Motorenfans zieht die Industriekulisse magisch an: Regelmäßig treffen sich Oldtimer-Liebhaber wie Michael und Daniel, hier mit einem Porsche 911 Targa von 1968, auf dem Kokerei-Areal. © Alexandra Umbach/ WAZ FotoPool
Im September 2010 eroberten die Biker die Zeche.
Im September 2010 eroberten die Biker die Zeche. © Walter Buchholz/ WAZ FotoPool
Hunderte Biker nahmen am christlichen Bikerfestival teil. Foto: Walter Buchholz
Hunderte Biker nahmen am christlichen Bikerfestival teil. Foto: Walter Buchholz © Walter Buchholz/ WAZ FotoPool
Zum Kulturhauptstadtjahr erscheint sogar die Haltestelle in neuem Glanz: Anfang 2010 wird die
Zum Kulturhauptstadtjahr erscheint sogar die Haltestelle in neuem Glanz: Anfang 2010 wird die "Design-Haltestelle", an der regelmäßig die Kulturlinie 107 vorbeifährt, eröffnet. © Arnold Rennemeyer/ WAZ FotoPool
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„Jetzt können wir wohl bald endlich anfangen“ 

Erste Absichtserklärungen für eine Groß-Investition waren im Jahr 2005 von Yamani und dem damaligen Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger unterzeichnet worden. Im Sommer 2006 hatte sich Yamani erstmals per Helikopter aufs Zollverein-Gelände fliegen lassen. Doch erst im Kulturhauptstadtjahr wurde es konkret: „Jetzt können wir wohl bald endlich anfangen“, erklärte Yamani gegenüber dieser Zeitung.

Der Plan: ein Hotel, der Folkwang-Neubau, eine Design-Stadt mit Büros. Errichtet werden sollte das alles auf dem ehemaligen Holzlagerplatz hinter Schacht 1/2/8, bis heute eine Brache. Insgesamtes Investitionsvolumen: 140 Millionen Euro. Pfingsten 2011 wurden Vorverträge unterzeichnet, im März dieses Jahres dann wurde der Kontrakt über den Grundstückskauf perfekt. Yamanis Firma „Hazy Trading Limited“ gehörte seitdem ein Stück Zollverein. Dachten alle.

Land zieht die Notbremse

Bloß: Der Scheich zahlte nicht. Die letzte Frist verstrich am Montag. Dann zog das Land die Notbremse und machte von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch.

In der Projektentwickler-Szene gibt es Leute, die behaupten: Dieser Scheich hat noch nie etwas bezahlt. Der WAZ Mediengruppe liegen Dokumente vor, die belegen: Yamanis Firma „Hazy Trading“ wurde erst im Frühjahr 2011 gegründet. Stammkapital: 36.000 Euro. Man muss kein BWL studiert haben, um zu verstehen: Das ist nicht so richtig viel Geld für eine Firma, die erklärt, millionenschwere Investitionen tätigen zu wollen.

Der Firmensitz von „Hazy Trading“ ist mit einer Adresse auf Malta angegeben. Bloß: Am Gebäude gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass es diese Firma dort wirklich gibt, das haben Recherchen vor Ort ergeben. Kein Firmenschild, kein Briefkasten, kein Klingelschild, nichts. Darüber hinaus zählt zu den Anteilseignern von „Hazy Trading“ eine kroatische Baufirma, die Medienberichten zufolge kurz vor der Pleite steht.

Das Märchen ist ausgeträumt.