Essen. . Die Grundwasser-Pegel steigen, gleichzeitig hat der Bergbau über 100 Jahre lang das Land tiefer gelegt, mancherorts weit über zehn Meter. Dem will die Emschergenossenschaft im nördlichsten Essener Stadtteil Karnap mit einer Drainage begegnen. Derzeit wird allerdings immer noch darüber gestritten, wer die Kosten für das über drei Millionen Euro teure Pilotvorhaben tragen soll.
In Karnap stehen sie vor einem weiteren Winter mit nassen oder feuchten Kellern. Und während die Diskussion zwischen Stadt, Emschergenossenschaft, Land und der Ruhrkohle AG nahezu ähnlich beharrlich läuft wie das Grundwasser, droht dem Norden neue Gefahr: Ausgerechnet der von der nordrhein-westfälischen Landesregierung angekündigte Kanal-TÜV, der Hausbesitzer verpflichten soll, bis spätestens 2026 ihre Abwasser-Rohre zu überprüfen und schadhafte Leitungen zu reparieren, könnte den Grundwasser-Druck auf die Keller und Fundamente, die bereits heute regelmäßig volllaufen, erheblich erhöhen.
Vor diesem Hintergrund will die SPD im Norden Essens durchsetzen, die Dichtigkeitsprüfungen privater Abwasser-Leitungen und ihre Sanierung in der Emscherzone so lange auszusetzen, bis eine ausreichende Drainage verlegt ist. „Sonst saufen wir hier völlig ab“, sagt Karnaps SPD-Ratsherr Guido Reil.
Seenlandschaft befürchtet
In der Tat übernehmen die undichten Abwasserrohre zurzeit eine wenn auch unzureichende Drainage-Funktion. Nach Untersuchungen der Emschergenossenschaft dürften etwa 80 Prozent der Rohre schadhaft sein. „Werden nun sämtliche Leitungen abgedichtet, steigt der Grundwasser-Spiegel hier über Null“, warnt Reil vor einer regelrechten Seenlandschaft hinterm Deich.
So weit will man bei der Emschergenossenschaft nicht gehen, bei 80 Zentimeter spätestens werde das Grundwasser stehen bleiben, selbst wenn alle Rohre abgedichtet seien, „aber punktuell, an den tiefsten Stellen, kann das Grundwasser tatsächlich über Null steigen“. Unabhängig davon gelten aber auch Pegel von 80 Zentimetern oder einem Meter als problematisch. Deshalb aber auf die Sanierung der Abwasser-Rohre zu verzichten, dahinter will man an der Kronprinzenstraße nicht ohne weiteres ein Häkchen setzen: „Letztendlich handelt es sich bei dem Grundwasser um sauberes Wasser, das nicht mit dem Abwasser vermischt werden soll“, so Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. Auch wenn das Grundwasser im Norden belastet und weit entfernt von Trinkwasser-Qualität sei, gilt es doch als „einleitfähig“ in Bäche und Flüsse, und nichts als „klärpflichtig“, wie beispielsweise die Emschersuppe.
Hohe Kosten
Für Guido Reil steht aber noch ein weiteres Argument im Vordergrund: die Kostenfrage. Wer sich bereits über die Preise von bis zu 800 Euro für den Kanal-TÜV ärgern wird, dem dürfte beim ersten Kostenvoranschlag für die Rohr-Sanierung vollends die Spucke wegbleiben: 10.000 bis 20.000 Euro können da locker drin sein, hat Reil ausgerechnet, dazu kommen die Kosten, damit der Keller anschließend nicht vollends untergeht, „da sind schnell 50.000 Euro beisammen“.