Essen.
Die Honorarverhandlungen zwischen Krankenkassen und Ärzteverbänden sind festgefahren. So sehr, dass Mediziner auch Streiks und Praxisschließungen nicht mehr ausschließen wollen. Der Sprecher der Essener Kinderärzte, Dr. Engelbert Kölker, legt die Gründe dar . „Wir haben in den letzten Verhandlungen mit den Kassen zwei Nullrunden hingenommen.“ Im gleichen Zeitraum seien „die Gehälter für unsere Mitarbeiter gestiegen, ebenso die Anschaffungskosten für medizinische Geräte“, einen Ausgleich für die Mehrausgaben habe es nicht gegeben. „Dabei haben sich die Verhandlungen sonst immer an Oberarztgehältern orientiert. Plötzlich will man aber davon abweichen.“
Keine weitere Nullrunde
Fest steht: Eine dritte Nullrunde wollen Essens niedergelassene Ärzte nicht hinnehmen, wie auch Ralph Köhn, Sprecher der Obleute der Essener Ärzte-Fachgruppen, betont. „Allerdings wollen wir die Patienten das nicht unmittelbar spüren lassen, sondern die Krankenkassen.“
Derzeit, so sagt die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Karin Hamacher, „beschränken sich die niedergelassenen Ärzte auf eine eingeschränkte Kommunikation mit den Krankenkassen.“ Anfragen werden nicht beantwortet, Bonushefte nicht abgestempelt. Das streut in der Verwaltung Sand ins Getriebe – derweil im Hintergrund die Urabstimmung läuft.
Enttäuschung und Wut ist hoch
„Die Enttäuschung und Wut bei den niedergelassenen Ärzten ist hoch“, sagt Köhn, entsprechend groß sei bei der Abstimmung der Rücklauf. „Rund 90 Prozent der Essener Ärzte wollen das Angebot der Kassen nicht akzeptieren. Am Mittwoch endet die Urabstimmung, dann überlegen wir, wie es weitergeht.“
Warum die Ärzte wütend sind, macht beispielhaft die Urologin Sabine Furtkamp klar, die mit einem Kollegen eine Praxis in der Innenstadt führt: „Für einen gesetzlich Versicherten bekommen wir pro Quartal 13,31 Euro - egal wie oft der Patient kommt.“
"Dabei ist das Geld da"
Mit solchen Sätzen könne kein Arzt überleben, was auch deshalb misslich sei, da die Kosten für Personal und Miete ständig stiegen. „Wir haben hier sieben Arbeitsplätze geschaffen und zahlen anständig nach Tarif.“ Die Ärzte allerdings würden von den Kassen nicht anständig behandelt. „Dabei ist das Geld da.“ Die Kassen horteten es, weder Patienten noch Ärzte hätten etwas davon.
Furtkamp will zunächst nicht streiken, weil sie das mit ihrer beruflichen Ethik für schwer vereinbar hält, will aber die Kommunikation mit den Kassen reduzieren - so wie andere auch. Mit spontanen Arbeitsniederlegungen ist nicht zu rechnen, sagt Ralph Köhn. „Wir können nicht von heute auf morgen alle Praxen schließen, sondern müssen zunächst Notdienste organisieren.“ Einen zeitlichen Vorlauf von rund zwei Wochen hält ein Verbandsvertreter für realistisch.
Zwei Wochen Streikvorlauf
Obgleich erst am Mittwoch feststeht, wie weiter vorgegangen wird, zeichne sich bereits jetzt eine große Solidarität unter den Medizinern ab, so Köhn. „Wie die Hausärzte-Verbände sich verhalten ist unklar. Aber die Essener Hausärzte werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit solidarisch mit den Essener Fachärzten zeigen.“
Ob die kommende Verhandlungsrunde am Mittwoch einen Erfolg bringt, bleibt abzuwarten. „Unsere Kritik betrifft ja nicht nur den geringen Zuschlag, der uns angeboten wurde, sondern auch die Art und Weise, in der die Krankenkassen die Verhandlungen geführt haben.“ Und nicht zuletzt das aus Sicht der Ärzte mit 20 Prozent zu geringe Angebot für ambulante Versorgungsleistungen.